Nahaufnahme:Streng, strenger, Menke

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"Sie haben eine Kultur geschaffen, in der solche Manipulationen gedeihen konnten." Bafin-Abteilungsleiterin Frauke Menke über die Deutsche Bank. (Foto: DPA)

Die Bafin-Beamtin Frauke Menke kämpft gegen die Deutsche Bank. Sie hat einen langen Brief voller Vorwürfe verfasst - und mit dem wohl auch zum Rücktritt von Co-Vorstand Anshu Jain beigetragen.

Von Meike Schreiber

Zu lax gegenüber Banken, gar Missstände übersehen zu haben. Das sind Vorwürfe, die sich seit der Finanzkrise kein Aufseher mehr gefallen lassen will. Auch Frauke Menke nicht, bei der Bafin zuständig für die "Aufsicht über Großbanken und ausgewählte Kreditbanken" - und Absenderin jenes jetzt veröffentlichten 37-Seiten-Briefes, der mit der Führung der Deutschen Bank so ungewohnt hart ins Gericht geht. Vor dem Kölner Landgericht damals muss sich Menke daher tief getroffen gefühlt haben. Anfang 2014 war das, einer ihrer seltenen öffentlichen Auftritte. Sie saß auf der Zeugenbank im Strafprozess gegen die Ex-Chefs der untergegangenen Privatbank Sal. Oppenheim, eine elegante Erscheinung - schwarzer Bleistiftrock, rotes Wollsakko und schwarze Handtasche. Stunde um Stunde zeichnete sie in ihren Antworten das Bild einer strengen Aufsicht. Sie habe früh darauf hingewiesen, dass die Bankchefs den Überblick verloren hätten.

Erst als einer der Verteidiger plötzlich darauf hinauswollte, dass die Bafin womöglich auch bei Oppenheim zu spät eingegriffen habe, wie zuvor wohl bei der Hypo Real Estate, verlor sie für einen Moment die Fassung: "Was wäre denn ihr Gegenszenario gewesen? Die Geschäftsleiter ohne richtige Grundlage abberufen?" Sie rief es empört - durch den Saal ging ein Raunen.

Zu spät eingegriffen zu haben, das will sich Menke wohl nicht noch einmal vorhalten lassen. Zu Beginn ihrer Bafin-Karriere in den Neunzigerjahren kümmert sie sich zunächst um Geldwäsche, dann um die Bankenaufsicht. Allen voran gegen die Deutsche Bank geht sie seit Jahren besonders streng vor. Die Liste ihrer Opfer ist lang: Als 2010 Axel Wieandt, eine der Nachwuchshoffnungen im Konzern, an die Spitze der damaligen Tochter BHF berufen werden soll, legt sie ihr Veto ein. Als Ex-Deutsche-Bank-Chef Anshu Jain 2012 einen Vertrauten zum Risikochef machen will, verweigert sie dem Vorhaben kurzerhand die Zustimmung.

Seit 2012 schließlich vergräbt sie sich in der Frage, wie jene Händler der Bank zusammen mit anderen Instituten jahrelang den Zinssatz Libor manipulieren konnten. Sie nimmt regelmäßig an Sitzung des Deutsche-Bank-Aufsichtsrates teil und bestellt reihenweise Banker zum Rapport.

Nach drei Jahren schickt sie ihre Zusammenfassung des Prüfungsberichts Anfang Mai schließlich an die Bank. Zunächst bleibt alles geheim, und dass Bankchef Jain keine vier Wochen später zurücktritt, wird zunächst auf den Unmut der Investoren geschoben. Doch spätestens seit das Papier seit ein paar Tagen - veröffentlicht vom Wall Street Journal - für jedermann einsehbar ist, ist klar, dass Menke ihren Anteil an dem Rücktritt gehabt haben muss.

Jain und weitere Führungspersonen hätten eine Kultur geschaffen, "in der solche Manipulationen gedeihen konnten". Seite für Seite summieren sich die Vorwürfe.

Es sind neue Töne einer Behörde, die im internationalen Vergleich bislang eher als zahnloser Tiger galt. Kein Wunder, dass Menke die Bankenwelt auch polarisiert: Für die einen ist sie eine pingelige Verwaltungsbeamtin, die Bankchefs wie Schuljungen behandelt, für andere eine Kämpferin gegen den Finanzkapitalismus. "Frau Menke macht einen guten Job", sagt einer ihrer Anhänger, der unabhängige Bankenanalyst Dieter Hein von Fairesearch. Schon lange fordert er sogar den Austausch des ganzen Deutsche-Bank-Vorstandes.

Sollte es so weit kommen, wird das Menkes Behörde aber nicht allein entscheiden. Denn im November hat die EZB die Aufsicht über die Großbanken übernommen, die Bafin arbeitet nur noch zu. Gemütlicher wird es für die Institute aber nicht werden. Denn auch die EZB-Aufseher wollen sich eines ganz bestimmt nicht vorwerfen lassen: zu lax zu sein.

© SZ vom 21.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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