Nahaufnahme:Stifter mit Garantie

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Giorgio Armani gewährt Einblick in seine Nachfolge. Er hat eine Stiftung gegründet und diese so konstruiert, dass sein Modeimperium nicht verkauft oder zerschlagen werden kann.

Von Ulrike Sauer

"Meine Situation macht alle neugierig, auch mich selbst", sagte der italienische Stilpapst. Das war im Backstage der Mailänder Modeschauen vor drei Jahren. Es war typisch Giorgio Armani. Gerade hatte "King George" seinen 80. Geburtstag gefeiert, eine dynastische Erbfolge schließt sich für den kinderlosen Konzerngründer aber aus. Die bohrende Frage, was in Zukunft aus seinem glamourösen Mode-Imperium werden solle, verfolgt ihn schon seit Langem. "Alles ist möglich", gab er unwirsch zurück. 2015 feierte Armani in Rom das 40-jährige Bestehen seiner Firma. Und man fragte sich wieder: Was kommt bei Armani nach Armani?

Der Großmeister lässiger Eleganz hat es nie gemocht, über seine Nachfolge zu sprechen. Gleichwohl hat ihn das Thema intensiv beschäftigt. Vor einem Jahr war es dann soweit. Er habe eine Stiftung gegründet, an die nach seinem Ableben die Giorgio Armani SpA übergehen soll. Wenige Zeilen einer Pressemitteilung. Fertig. Dann: wieder Schweigen.

"Die lebende Legende der Modewelt" ( Forbes) machte einfach weiter Mode. In seinen Kollektionen blieb der vielkopierte Purist er selbst. Zu Beginn seiner Karriere hatte der frühere Schaufensterdekorateur gegen die starren Formen der Kleidung aufbegehrt. Den Männern schenkte er edle, locker den Körper umspielende Sakkos ohne Schulterpolster. Die Frauen befreite er aus ihren steifen Kostümen und kleidete sie entspannt für die Macht. Der große Durchbruch kam schon bald: In Hollywood darf Armani 1980 das Outfit für Richard Gere im Blockbuster "American Gigolo" entwerfen. Der Meister der Coolness war geboren.

Das Weniger-ist-mehr blieb seine Devise. Armani erfindet nichts, er will nicht überraschen. "Es ist heute überflüssig, große Mengen von Kleidung herzustellen, die häufig nur einer exzessiven Kreativität entspringen", sagt er. Sein Stil wirkt fern ab von kurzlebigen Trends, zeitlos, scheinbar unbeweglich. Kritiker meinen, er habe seinen Schwung verloren. Dafür stichelt Armani, ganz der Snob, nach den Laufstegshows gern gegen die extravaganten Entwürfe anderer Designer. Den schrillen Mode-Zirkus kann er nicht ausstehen.

Mit 8000 Mitarbeitern erwirtschaftet sein Konzern 2,5 Milliarden Euro Umsatz. Hinter den Kulissen hat Armani am Umbau des Unternehmens gearbeitet und Strategien ersonnen, die der Giorgio Armani SpA in den kommenden Jahrzehnten eine neue Gestalt geben sollen. "Ich werde das nicht mehr sehen, und das ist hart, sehr hart", sagt er nun in einem Interview mit dem Corriere della Sera.

Erstmals gewährte er einen Einblick in das Mailänder Modehaus von morgen. Seine neue Stiftung soll das Gleichgewicht im Unternehmen sichern. "Wir haben einen Mechanismus geschaffen, der meine Erben zur Harmonie anspornt und verhindert, dass der Konzern verkauft oder zerschlagen wird", sagt Armani. Die Stiftung habe das letzte Wort und entscheide auf der Grundlage von Leitlinien, die er verfasst habe. Ihre drei zentralen Begriffe sind: "Kohärenz, Aufrichtigkeit und Treue zum Unternehmen".

Die großen französischen Luxuskonglomerate, die einen ganzen Bauchladen von Marken führen, sind für Armani ein rotes Tuch. "Ich will in meinem Haus das Sagen haben und selbst entscheiden", sagt er. Die markenhungrigen Beutejäger haben viele italienische Luxuslabel rumgekriegt. Bei Armani, 83, sind sie abgeblitzt. Hat er denn nie ans Verkaufen gedacht? "Es gab Angebote, da war es schwierig, nein zu sagen. Denn es war Geld, viel Geld und das sofort", sagt Armani, dessen Vermögen Forbes auf 8,3 Milliarden Dollar schätzt. Der Sohn aus einfachen Verhältnissen hat nie eine einzige Aktie verkauft. Die Freiheit war ihm wichtiger.

© SZ vom 25.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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