Nahaufnahme:Macht gründen glücklich?

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Ein Start-up zum Laufen zu bringen, sein eigenes Ding machen, das muss doch befriedigend sein, oder? Die Antwort von Optiopay-Chef Marcus Börner überrascht.

Von Andrea Rexer

Neidisch schielt so manch einer, der in einem großen Konzern oder für einen althergebrachten Mittelständler arbeitet, auf die jungen Wilden. Also auf diejenigen, die ihr eigenes Ding machen, auf Hierarchien pfeifen, in der lässigen Jeans statt im Anzug herumlaufen und obendrein noch die Chance auf ganz großes Geld haben, wenn ihre Geschäftsidee durchschlägt. Sind diese jungen Leute glücklicher?

Einer von ihnen, Marcus Börner, ist der Frage auf den Grund gegangen. Der 31-jährige Gründer von Rebuy und Optiopay hat ein Buch über seine Glückssuche geschrieben. Und gründen, so viel sei schon mal verraten, ist keine Glücksgarantie. Börner hat eine ganz andere Antwort auf die Frage gefunden, die ihn schon lange beschäftigt.

Noch in der Schulzeit, als andere ihre Freizeit im Schwimmbad verbracht haben, saß Börner mit einem Freund im Keller und verschickte gebrauchte Videospiele kreuz und quer durch Deutschland. "Damals dachte ich, das würde mich langfristig glücklich machen", sagt er. Das Unternehmen wurde zum Erfolg, bis heute existiert Rebuy - doch glücklich hat es ihn nicht gemacht. Im Gegenteil. Der Höhenflug endete während seiner Abiturvorbereitungen abrupt in einer Depression. "Diese schwärzeste Zeit in meinem Leben - und zugleich eine sehr wertvolle - lehrte mich viel über Glück: Ich erfuhr am eigenen Leib, wie schnell sich das Leben ändern kann und wie wenig wir selbst manchmal darauf Einfluss nehmen können", schreibt er in seinem Buch.

Börner, der am Donnerstag auf der Konferenz Banking Exchange in Frankfurt seine neueste Gründung Optiopay vorstellte, wirkt heute völlig mit sich im Reinen. Sein Unternehmen bietet den Kunden von Banken an, ihr Geld gegen einen Gutschein einzutauschen, der mehr wert ist. Aus hundert Euro am Girokonto wird so zum Beispiel ein 110-Euro-Einkaufsgutschein beim Buchhändler ums Eck oder im Internetshop. Optiopay kooperiert dazu mit mehreren Banken, demnächst sollen etwa die Kunden der Volks- und Raiffeisenbanken das Angebot nutzen können. Für die Banken ist das attraktiv: Damit können sie jetzt, in der Niedrigzinsphase, auf simple Art und Weise mehr aus dem Geld ihrer Kunden machen. Optiopay verdient sein Geld wiederum mit den Händlern, die die Gutscheine zur Verfügung stellen - nicht mit den Privatkunden.

Und diese Botschaft gibt er auch ans Publikum: "Ich glaube nicht, dass in Zukunft Privatkunden von Banken noch irgendetwas bezahlen werden", sagt er und führt das Beispiel Facebook oder Google an, die nie so groß geworden wären, hätten ihre Kunden für die Suche bezahlen müssen. Banken können künftig nur Geld verdienen, wenn sie es schaffen, Geld dort zu verdienen, wo die Liquidität hinfließt, also bei den Unternehmen.

Warum ist Börner heute so entspannt? "Der Schlüssel zum Glück sind unsere Erwartungen: je besser sie mit der Realität übereinstimmen, desto besser", sagt er. Und das kommt ausgerechnet von jemandem aus der Start-up-Welt, in der gepredigt wird, dass man nach den Sternen greifen muss, um erfolgreich zu sein? "Es macht sehr glücklich, wenn man hochgesteckte Ziele erreicht", sagt der Gründer, und räumt sofort ein, dass die Start-up-Welt keine Glücksschmiede ist. "Buddhistische Mönche haben da viel bessere Chancen, glücklich zu werden, weil sie versuchen, keine Erwartungen zu haben." Also kein Weg zum Glück in der Start-up-Welt? Doch, glaubt Börner. "Wenn Erwartung und Realität auseinanderklaffen, kann man entweder seine Erwartungen zurückschrauben, oder man kann versuchen, die Realität zu verändern." Der typische Gründer greift natürlich eher zu dem zweiten Werkzeug.

© SZ vom 20.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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