Nahaufnahme:Kein Empfang in Nordkorea

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"Wir hoffen noch immer, dass wir die derzeitigen Probleme lösen und unsere erfolgreiche Reise fortsetzen werden." Naguib Sawiris. (Foto: Bloomberg)

Der Ägypter Sawiris betrieb in dem Staat das Mobilfunknetz, nun hat er die Macht über seine Firma verloren.

Von Christoph Giesen

Naguib Sawiris ist ein Mann, der das Risiko liebt. Er hat sein Geld in Ägypten, Algerien und Irak investiert. Der Hang zum Abenteuer hat sich ausgezahlt und ihn zum Milliardär gemacht. Auf etwa drei Milliarden Dollar taxieren die gängigen Reichenlisten das Vermögen des 61-Jährigen. Mit einem Investment scheint sich Sawiris jedoch gründlich verhoben zu haben: Die Beteiligung am nordkoreanischen Mobilfunker Koryolink.

2002 ging das erste Handynetz in Nordkorea an den Start. Keine zwei Jahre später war alles vorbei, der Führung war die neue Kommunikationsfreiheit unheimlich und sie kassierte die Handys wieder ein. 2008 wagte Sawiris einen zweiten Versuch, diesmal baute der ägyptische Mobilfunkkonzern Orascom, deren Vorstandschef und Großaktionär Sawiris ist, das Netz auf - streng genommen sogar zwei Netze. Eines für die Nordkoreaner, sie können nur innerhalb des Landes telefonieren. Und ein zweites für Diplomaten, Entwicklungshelfer, und Touristen, die Gebühren sind hoch, doch mit diesen Sim-Karten kann man in die ganze Welt telefonieren und per Smartphone ins Internet gehen. Die einzigen Nummern, die man mit den Diplomatentelefonen nicht erreichen kann, sind die der normalen Nordkoreaner.

Durch den Einstieg ins nordkoreanische Mobilfunkgeschäft ist Orascom zum größten ausländischen Investor des Landes geworden, drei Millionen Handyverträge sind bisher abgeschlossen worden.

Sawiris, der einer christlich-koptischen Familie entstammt und in Kairo einst die Deutsche Schule besuchte, schien der Welt bewiesen zu haben, dass man doch erfolgreich Geschäfte mit Nordkorea, diesem Pariastaat, machen kann. 2011 traf er sogar Kim Jong Il, den allmächtigen Diktator mit Föhnfrisur und Plateausohlen, zu einer Audienz. Doch wie sich nun zeigt, war die Hoffnung auf normale Geschäfte eine Illusion. Dieser Tage musste Orascom einräumen, dass das Unternehmen de facto die Gewalt über die Tochter Koryolink verloren hat. Und das, obwohl auf dem Papier 75 Prozent der Anteile am nordkoreanischen Mobilfunkbetrieb dem ägyptischen Konzern gehören.

Das Problem ist der Wechselkurs: Er ist eine Erfindung, vielleicht auch Wunschdenken des Regimes in Pjöngjang. Offiziell bekommt man für einen Dollar ziemlich genau 100 nordkoreanische Won ausgehändigt. Die Wahrheit ist aber eine andere: Auf dem Schwarzmarkt ist ein Dollar derzeit 8000 Won wert.

Laut Bilanz sammelten sich bei Koryolink über die Jahre Gewinne in Höhe von umgerechnet 585 Millionen Dollar an. Doch wie sollte das Geld, das in Nordkorea erwirtschaftet wird außer Landes gebracht werden? Knapp 600 Millionen Dollar, das ist viel für einen Staat, dessen jährliches Handelsvolumen gerade einmal bei etwa acht Milliarden Dollar liegt. Und wenn es um so viel Geld geht, ist selbst den Propaganda gestählten Nordkoreanern der eigene Wechselkurs egal. Statt 585 Millionen wollen sie den Ägyptern gestatten, allenfalls 7,2 Millionen Dollar heimzuholen. Die Investitionskosten der Ägypter dürften deutlich höher gewesen sein. 7,2 Millionen, das macht im Schnitt eine Million Dollar pro Jahr, dabei bezahlen zumindest alle Ausländer ihre sündhaften teuren Verträge in harter Währung.

Um den Druck auf den ägyptischen Investor zu erhöhen, haben die Nordkoreaner einen zweiten Mobilfunkanbieter gegründet - Konkurrenz im Sozialismus. Dieser neue Provider soll mit Koryolink zwangsfusionieren und schon wäre der Mehrheitsanteil verloren. "Wir hoffen noch immer, dass wir die derzeitigen Probleme lösen und unsere erfolgreiche Reise fortsetzen werden", sagt Sawiris. Es sieht nicht danach aus

© SZ vom 24.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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