Nahaufnahme:Kaufmann des Ostens

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"Ich nahm 30 Tage frei, die meisten verbrachten wir in Shoppingmalls." Tos Chirathivat. (Foto: oh)

Der thailändische Handels-Unternehmer Tos Chirathivat erweitert sein Imperium mit den Karstadt-Luxuskaufhäusern.

Von Ulrike Sauer

Vor vier Jahren staunte Italien - über einen Thai namens Tos Chirathivat. 260 Millionen Euro legte der Kaufhaus-König aus Bangkok damals für die luxuriöse Rinascente-Kette mit ihren elf Häusern auf den Tisch. Damit gehörte ihm unter anderem das 150 Jahre alte Stammhaus direkt am Mailänder Dom: eine Institution für modebewusste Italiener und eine Attraktion für Touristen aus aller Welt.

An neureiche Chinesen oder Inder, die sich beherzt italienische Markenunternehmen greifen, hatte man sich gewöhnt. Aber ein Thai? Die Verwunderung wuchs schnell, als zutage trat, mit welchen Ambitionen sich der Mann in sein erstes Europa-Abenteuer stürzte. Denn Chirathivat, Spross des führenden thailändischen Einzelhandel-Clans, verkündete: "Wir werden aus La Rinascente ein globales Lifestyle-Label machen." Dazu müssten der Markenname gründlich aufpoliert und die exklusiven Modehäuser aufgewertet werden. "Wenn wir La Rinascente besitzen, steht uns die Tür offen", frohlockte Chirathivat.

Der nächste Schritt folgte 2013. In Kopenhagen erwarb der Chef des Familienimperiums Central Group das Traditionshaus Illum. Nun zeigt der Einstieg in Deutschland, wie ernst es dem 50-jährigen Chirathivat ist. La Rinascente übernimmt von Karstadt-Eigner René Benko die Mehrheit an der Kadewe Group, zu der drei Luxuskaufhäuser in München, Berlin und Hamburg gehören.

Chirathivats Trumpf: Sein Know-how im Handel. Die Geschichte der Dynastie begann mit Großvater Tiang, der aus China nach Thailand einwanderte und das Handelsunternehmen 1947 gründete. Vater Samrit, der 21 Jahre die Geschäfte führte, eröffnete 1957 das erste Einkaufszentrum. Wie alle Nachkommen sammelte auch der zurückhaltende Tos von Kindesbeinen an Kaufhauserfahrung. Spielzeug verkaufen, Wrangler-Jeans einsortieren - es war üblich, dass der Nachwuchs in den Schulferien in den Geschäften aushalf. Über die Flitterwochen mit seiner Frau Sookta erzählte er einmal: "Ich nahm 30 Tage frei, die meisten verbrachten wir in Shoppingmalls."

Zur Central Group gehören heute Kaufhäuser, Einkaufszentren, Supermärkte, Fachgeschäfte, Hotels und Restaurantketten. Der Gesamtumsatz liegt bei 7,7 Milliarden Dollar. Auf der Forbes-Liste der reichsten Thailänder belegen die Chirathivats 2015 mit einem geschätzten Vermögen von 12,3 Milliarden Dollar Rang drei. In der weit verzweigten Sippe durchzublicken, ist unmöglich. Gründer Tiang hatte mit seinen drei Ehefrauen 25 Kinder. Alle Familienlinien halten Anteile an dem unübersichtlichen Firmen-Konglomerat. Dennoch gelang es überraschenderweise Tos, dem jüngsten von acht Geschwistern, 2013 an die Konzernspitze aufzusteigen.

Zuvor hatte der MBA-Absolvent der Columbia University in New York ein Jahrzehnt die Handelssparte zur internationalen Expansion getrieben. Dabei brach er mit der konservativen Einstellung der zweiten Generation: Seine Onkel hatten sich gegen die Internationalisierung gesperrt - so, wie es unter Thailands Unternehmern üblich war. Weiteres Wachstum gab es für Central aber nur mit neuer Strategie.

Unter Tos breitete sich der Konzern daher zunächst in China und in Südostasien aus - und nun in Europa. Die Tochter La Rinascente will er durch Zukäufe und Neueröffnungen zum Marktführer in der Luxusklasse ausbauen. Dabei zielt Chirathivat in Europa vor allem auf Touristen: "Wir sind nicht wegen der Europäer in Europa", sagte er einmal der Financial Times. Die Kaufhäuser sollten viel mehr die wohlhabenden Shopper aus den aufstrebenden Konsumnationen anziehen, die hier günstiger einkaufen können als zu Hause. "Wir sind in Europa, weil Europa das Zentrum der Welt ist."

© SZ vom 12.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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