Nahaufnahme:Goldene Ära

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"Ich bin kein Geschäftsmann, ich bin ein Geschäft, Mann." Jay Z (Foto: Getty)

Vor zwei Jahren kaufte Jay-Z den Streamingdienst Tidal. Nun wird er 33 Prozent der Anteile wieder los - mit sattem Gewinn. Ein 200-Millionen-Deal für den Musiker.

Von  Jan Willmroth

Es gab diese Geschichte, als Jay Z sein zwölftes und bisher letztes Studioalbum veröffentlichte, "Magna Carta ... Holy Grail" hieß das, heiliger Gral. Wörtlich genommen passte dieser Albumtitel nicht so recht, denn den heiligen Gral zeichnet ja aus, dass man ihn niemals finden wird. Das Album aber fand seine Fans, und zwar über den Smartphone-Hersteller Samsung. Eine Million Handybesitzer durften es sich kostenlos herunterladen, vier Tage vor der eigentlichen Veröffentlichung, und Jay Z (47) durfte sich damit rühmen, schon Platinstatus erreicht zu haben, bevor das Album überhaupt auf dem Markt war.

Man feierte ihn damals für diesen Marketing-Coup, und er ließ genüsslich per Videobotschaft wissen, man müsse jetzt "neue Regeln schreiben" für das Musikgeschäft im digitalen Zeitalter.

Jay Z ist derweil zu einem der fleißigsten Regelschreiber geworden, und zwar spätestens, seitdem er einem norwegischen Medienkonzern das Unternehmen Aspiro und damit den Streaming-Dienst Tidal abkaufte. 56 Millionen Dollar hat er dafür bezahlt, künftig mit Spotify, Apple und Amazon, Google und all den anderen Streaming-Anbietern zu konkurrieren. Mit all jenen also, die nach der neuen Regel spielen, dass man Musik heute nicht mehr besitzen muss, um sie zu hören, sondern sie abonniert. Jetzt hat er ein Drittel von Tidal verkauft, für 200 Millionen Dollar an den viertgrößten US-Mobilfunkanbieter Sprint.

Mal ganz abgesehen von der wahnsinnigen Rendite beweist Jay Z damit einmal mehr, wie gut er darin ist, die neuen Regeln auch auszunutzen. Sprint muss nämlich dringend nachholen, was die Konkurrenz schon hat: in Mobilfunkverträgen enthaltene Streaming-Angebote. Verizon-Kunden können NFL-Spiele schauen, AT & T lässt seine Kunden fernsehen, und T-Mobile US bietet ohne Aufpreis Zugriff auf Musik und Videos von mehr als 100 Partnern.

Sprint hat jetzt immerhin Jay Z, und der hat die 45 Millionen Kunden des Netzbetreibers. "Sprint teilt unsere Ansicht, die kreative Industrie zu revolutionieren und es Künstlern zu ermöglichen, sich direkt mit ihren Fans zu verbinden", sagte er in einem Statement. Das soll Tidal von der Konkurrenz abheben: Immer wieder beklagen Künstler, bei anderen Streaming-Diensten kaum etwas zu verdienen, teilweise gibt es nur einen Bruchteil von einem Cent pro abgespieltem Stück. Tidal macht Künstler zu Miteigentümern, überweist ihnen mehr als andere und umwirbt neue Abonnenten mit exklusiven Veröffentlichungen. Teil der neuen Partnerschaft soll dem Vernehmen nach auch ein 75 Millionen Dollar schwerer Fonds sein, aus dem diese Exklusivprojekte finanziert werden.

Jay Z gehört nicht erst mit dem jüngsten Deal zu den erfolgreichsten Unternehmern, die das Rap-Geschäft je hervorgebracht hat. In den späten Achtziger- und frühen Neunzigerjahren wurde Rapmusik zum Riesengeschäft, aus New York und L. A. versorgten Plattenfirmen die Welt mit Beats und Geschichten aus dem Ghetto; es folgte die Zeit, die heute als Golden Era bekannt ist, die Goldene Ära. Aus den Größen von damals wurden steinreiche Geschäftsleute. Nach dem Verkauf seiner Kopfhörer-Marke Beats an Apple ernannte sich Dr. Dre, 51, im Jahr 2014 zum ersten Hip-Hop-Milliardär (das war wohl nur leicht übertrieben). Nas, 43, wie Jay Z eine New Yorker Legende, besitzt Restaurants, investiert in Start-ups, verkauft Software für Tonstudios und vermarktet andere Künstler.

Und Jay Z, 1969 geboren als Shawn Corey Carter im damals noch ziemlich ungemütlichen Brooklyn, heute mit einem geschätzten Vermögen von mehr als 600 Millionen Dollar, hat sein Tun selten so treffend beschrieben wie im Jahr 2005 mit diesem Vers: "Ich bin kein Geschäftsmann, ich bin ein Geschäft, Mann."

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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