Nahaufnahme:Geräuschvoll

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Die Pepsico-Vorstandschefin Indra Nooyi findet, Frauen bräuchten Frauen-Produkte. Damit löst sie in den sozialen Netzwerken eine Welle der Empörung aus.

Von Elisabeth Dostert

Vermutlich hat es Indra Nooyi, 62, gut gemeint. Das würde zumindest dem Leitsatz entsprechen, den die Chefin des US-Konzerns Pepsico an den Anfang ihres Profils beim Kurznachrichtendienst Twitter gestellt hat. Sie glaube fest daran, dass es Unternehmen gut gehe, wenn sie Gutes tun. Der Konzern verkauft weit mehr als Cola-Getränke. Zum Sortiment gehören salzige und süße Dickmacher: Fruchtsäfte (Marke Tropicana), Chips (Lay's, Doritos), Tee (Lipton), Müsli (Quaker) und vieles mehr. 2017, das gab Pepsico am Dienstag bekannt, stiegen die Erlöse leicht auf 63,5 Milliarden Dollar. Der operative Gewinn legte um sieben Prozent auf 10,5 Milliarden Dollar zu.

Nooyi plant noch mehr "Gutes". In einem Podcast mit Freakonomics Radio ließ sie sich Ende Januar darüber aus, wie Frauen und Männer Chips essen. "Frauen mögen das laute Krachen in der Öffentlichkeit nicht", sagte Nooyi. "Sie lecken sich nicht so genüsslich die Finger ab wie Männer. Und sie kippen sich am Ende nicht die Reste aus der Tüte in den Mund." Das sind Erkenntnisse, derer es keiner professionellen Marktforschung bedarf. Der Moderator hakte nach, ob Pepsico spezielle Tortilla-Chips für Frauen plane. Nooyi antwortete, dass sei weniger eine Frage von Mann oder Frau, sondern eher die Frage, ob es Snacks für Frauen gebe mit anderem Design und anderer Verpackung. Und ja: Pepsico plane eine ganze Reihe solcher Produkte: geräuscharm, aber voller Geschmack.

In dem Interview dachte Nooyi auch laut darüber nach, wie eine Tüte aussehen muss, damit sie in die Handtasche passt, denn "Frauen lieben es, einen Snack in ihrer Handtasche zu haben." Ihre Äußerungen machten - mal länger, mal verknappt - die Runde durch Zeitungen und Online-Medien. Am Ende blieb die Schlagzeile: Pepsico plane Lady Doritos, Tortilla-Chips für Frauen. Sie löste in den sozialen Netzwerken eine Welle der Empörung und Spott aus. "Ich habe die ganze Zeit Männer-Chips gegessen!", witzelte die prominente US-Moderatorin Ellen DeGeneres in ihrer Show. Und fragte, welche Frau schon geräuschlose Chips wolle. "Wenn ein Chip nicht knirscht, ist es kein Chip, sondern eine nasse Kartoffel", frotzelte DeGeneres.

Die Empörung war deshalb so groß, weil Nooyi alle Klischees über Männer und Frauen zu bestätigten schien. Frauen-Chips als Beleg für alte Geschlechterrollen und ungleiche Behandlung. "Was, wenn Lady Doritos ganz normale Doritos sind, aber eine Frau, wenn sie eine Tüte kauft, nur 77 Prozent des Inhalts bekommt, den ein Mann bekommt", twittert eine Nutzerin in Anspielung auf Gehaltsunterschiede.

Die Äußerungen wundern, denn gerade Nooyi hat gezeigt, dass Frauen Karriere machen können und sie einen Job, der als Männerdomäne gilt und galt, genau so gut erledigen. Nooyi wuchs in Indien auf als Kind wohlhabender Eltern. Sie besuchte das College, spielte Cricket und war Lead-Gitarristin in einer Mädchen-Rockband. Mit 22 Jahren ging Nooyi 1980 in die USA, um einen zweiten Master an der Yale School of Management zu machen. Dann arbeitete sie einige Jahre als Beraterin für Boston Consulting, ehe sie in die Industrie wechselte. 1994 stellte sie Pepsico als Chefstrategin an. Sie hatte, sagten Branchenkenner, maßgeblich Anteil an der Neuausrichtung des Konzerns. Pepsico trennte sich von den Restaurantketten Pizza Hut und Kentucky Fried Chicken und kaufte Getränke- und Snackmarken zu. 2000 wurde Nooyi Finanzchefin, 2006 dann Vorstandschefin.

Pepsico hat die Berichte über spezielle Doritos für Frauen inzwischen als unrichtig zurückgewissen. "Wir haben schon Doritos für Frauen, sie heißen Doritos und Millionen lieben sie", twitterte der Konzern über den eigenen Doritos-Account. Wenigstens bei Chips herrscht jetzt wieder Gleichheit.

© SZ vom 14.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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