Nahaufnahme:Er holt sie an den Tisch

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"Wir wollen nachhaltige Produkte auf den breiten Markt bringen." (Foto: Ronny Schröder/OH)

Fabio Ziemßen ist als Gründer ins Berufsleben gestartet - und wie viele gescheitert. Heute leitet er die Innovationsabteilung der Metro und bietet Lebensmittel-Start-ups eine Plattform.

Von Jacqueline Hadasch

Fleisch aus dem 3-D-Drucker, Nudeln auf Insektenbasis, Gewächshäuser im Supermarkt. So stellt sich Fabio Ziemßen die Zukunft der Ernährungsbranche vor. Und er will sie mitgestalten. Ziemßen leitet den Bereich für Lebensmittelinnovationen beim Metro-Konzern und beschäftigt sich auch als Blogger mit dem Thema. Inzwischen darf sich der 34-Jährige nun auch noch "Young Global Leader" nennen, was man mit "junger globaler Vorreiter" übersetzen könnte. Den Titel verlieh ihm vergangene Woche die gleichnamige Stiftung des Weltwirtschaftsforums. Die Initiative kürt jährlich 115 vielversprechende Nachwuchstalente verschiedener Branchen und Berufe weltweit. Sie nehmen an einem fünfjährigen Programm teil, das Workshops für Führungskräfte bietet und auch etliche Events, Stichwort: Networking.

Ziemßen kommt das gelegen. Netzwerken gehört zum Alltag des Düsseldorfers. Zum Beispiel bei der Metro-Abteilung NX-Food, die er leitet. "Wir sind eine Plattform für Start-ups aus der Lebensmittelbranche", sagt der gelernte Marketing- und Kommunikationswirt. Zusammen mit drei Kollegen bringt Ziemßen die Produkte von Gründern in die Sortimente großer Firmen. Trotz der Zugehörigkeit zur Metro agiere NX-Food unabhängig vom deutschen Großhändler. "Wir wollen nachhaltige Produkte auf den breiten Markt bringen. Deshalb arbeiten wir auch mit anderen Firmen zusammen", sagt der Unternehmer. Dazu gehören die Handelskette Real oder die Fluglinie Eurowings. Die Unternehmen verkaufen probeweise Produkte von Herstellern, die sich zuvor bei NX-Food beworben haben. Seit Ziemßen die Plattform 2018 ins Leben rief, haben es mehr als 80 Start-ups in den Handel der Großen geschafft. Rund 25 durften nach der Testphase bleiben. Sie verkaufen Sirup aus Bio-Basilikum, Indoor-Kräutergärten oder pflanzliche Burger.

Letztere liegen dem Unternehmer besonders am Herzen. Mit dem Verband für alternative Proteinquellen hat er eine weitere Austauschplattform gegründet. Zusammen mit Vertretern aus Handel, Industrie und Wissenschaft will Ziemßen Ersatzprodukte massentauglich machen. "Wir haben es schon geschafft, die öffentliche Diskussion über alternative Proteine aus beispielsweise Insekten, aber auch aus Pflanzen, anzustoßen", sagt Ziemßen.

Daran war vor einigen Jahren noch nicht zu denken. Seine Karriere begann er als Obstverkäufer. Der Start verlief holprig, gelinde gesagt. Gemeinsam mit einem Freund führte er ein Start-up, das Fruchtkörbe an Firmen verkaufte. Die beiden scheiterten. Ziemßen hat daraus gelernt. "Um erfolgreich zu sein, hätten wir viel mehr mit Kunden und Produzenten sprechen müssen", sagt er. Das hat er sich nun zu einer Art Lebensaufgabe gemacht.

Privat ernährt sich Ziemßen allerdings nicht nur mit "innovativen" Lebensmitteln. Er mag's auch mal ganz klassisch. "Ich bin riesiger Fan der italienischen Küche", sagt der Familienvater. Dabei achte er allerdings genau darauf, wo die Produkte herkommen. Günstigere Preise bedeuteten dabei nicht zwangsläufig eine schlechtere Qualität. Allerdings verzichtet der Gründer gänzlich auf Fast Food und To-Go-Mahlzeiten. "Essen", findet Ziemßen, sei schließlich "ein sozialer Klebstoff unserer Gesellschaft". Das gemeinsame Essen mit seiner Familie sei ihm deshalb heilig. Ganz loslösen von seinem Job kann er sich dabei allerdings nicht. Der habe ihn experimentierfreudig gemacht. Auch für seine italienischen Lieblingsgerichte probiere er deshalb auch mal pflanzliche Alternativen. Und er muss zugeben, dass es bei denen noch Verbesserungsbedarf gibt. "Wenn die vegane Bolognese so schmeckt, wie die Fleischvariante - dann sind wir da, wo ich hinwill."

© SZ vom 31.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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