Nahaufnahme:Der Abstauber

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"Die Auswahl der Stoffe ging an den Kunden vorbei. Sie waren zu leicht. Das werden wir ändern." Philippe E. Brenninkmeijer (Foto: oh)

Philippe E. Brenninkmeijer übernimmt die Luxus-Modemarke Regent. Auch wenn er aus der C&A-Dynastie kommt, hat der Deal nichts mit dem Konzern zu tun.

Von Uwe Ritzer

Kaum im Zimmer, greift er sich auch schon ein paar Sakkos und ist bei den Details. Bei Knöpfen etwa, und der Frage, ob gewölbte mehr Charakter haben als flache. Oder ob zwei Fadenlöcher im Knopf reichen oder mindestens drei sein müssen. Philippe E. Brenninkmeijer, 32, kann auch fachkundig über das Gewicht und die bestmögliche Verarbeitung von edlen Stoffen für Herrenanzüge dozieren, über feine, von Hand geschaffene Nähte und überhaupt bestmögliche Handarbeit. Schon als Student hat er europäische Spitzenschneider in ihren Ateliers besucht, sie ausgefragt und ihnen zugeschaut. "Mich fasziniert diese Kunst, ich gehe darin förmlich auf", schwärmt er.

Die Affinität zu Mode könnte man oberflächlich dem Umstand zuschreiben, dass Philippe E. Brenninkmeijer Spross jenes mehr als tausendköpfigen und auf 25 Milliarden Euro Vermögen taxierten, niederländischen Familienclans ist, dem unter anderem die Textilhandelskette C & A gehört. Das griffe aber zu kurz, denn C & A bedient Massengeschmack, während Philippe E. Brenninkmeijer sich dem Luxusfach in Sachen Herrenmode verschrieben hat. Zuletzt führte er die Geschäfte des Londoner Maßschneiders Huntsman. Nun hat der Jung-Geschäftsmann mit einem Freund die einstmals edelste deutsche Herrenbekleidungsfirma übernommen: Regent.

Seit 1946 schneidert die kleine Firma in Weißenburg bei Nürnberg Männermode im obersten Preis- und Qualitätssegment. Viele Top-Manager und Politiker, Schauspieler, Sänger gehörten zu den Kunden. Auf dem Flur in der Firmenzentrale hängen Dutzende Fotos prominenter Regent-Träger; jenes mit dem Autogramm von Willem-Alexander hat seinen eigenen Platz. Darauf trägt der holländische König jenen Frack, den Regent ihm 2013 zu seiner Krönung auf den Leib geschneidert hatte. "Herzlichen Dank" hat der König auf das Bild geschrieben.

Dabei ist vom alten Glanz kaum noch etwas übrig. Mehrfach wechselte Regent die Eigentümer, wobei die Marke stetig an Qualität, Kundschaft und Umsatz verlor. Aus einer Insolvenz heraus übernahm 2015 der frühere EnBW-Manager Peter Krampf das Unternehmen. Ihm glückte zwar ein Neustart, nach gut einem Jahr jedoch war seine Liquidität erschöpft. Erneut insolvent, deutete zuletzt alles auf den endgültigen Untergang von Regent hin. Bis Philippe E. Brenninkmeijer kam.

Er übernahm Regent samt 38 Mitarbeitern gemeinsam mit seinem Freund Andreas Meier, einem Bauunternehmer aus dem nahen Eichstätt. "Wir haben einen langen Atem und werden alles erdenkliche tun, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen", sagt Brenninkmeijer. Und damit eine ebenso anspruchsvolle wie zahlungskräftige Kundschaft. Immerhin kostet ein Regent-Anzug 1500 Euro aufwärts.

Gefertigt werden die Anzüge weiterhin in der Weißenburger Manufaktur. Brenninkmeijer wird das operative Geschäft leiten, sich um Vertrieb, aber auch Design und Gestaltung der Kollektion kümmern. "Ich komme aus der Branche und verstehe etwas davon", sagt er. Den Neustart finanzieren er und Meier ausschließlich aus eigenen Mitteln und ohne Fremdkapital; sie selbst beziehen vorerst keine Geschäftsführergehälter. Es sei ein "langfristiges Engagement", sagt Meier. Mit C & A, wo Philippes Vater Etienne Miteigentümer und einer der Partner ist, habe es nichts zu tun.

"Ich wollte meiner Passion folgen", sagt Philippe E. Brenninkmeijer. "Ich liebe Anzüge, seit ich mit 16 meinen ersten bekommen habe." Geboren in Paris, hat er schon in São Paulo, Amsterdam, Kopenhagen, Basel, Düsseldorf und der Schweiz gelebt. Nun also Weißenburg und Regent statt London und Huntsman. Die Marke, sagt Brenninkmeijer, sei großartig. "Wir müssen sie nur entstauben."

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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