Nahaufnahme:Computerspiele-Millionär

Lesezeit: 2 min

"Mir war es so wichtig zu spielen, dass ich mein Fahrrad verkauft habe. Nur, um ein paar Stunden länger spielen zu können. " Sumail Hassan (Foto: N/A)

Pakistans erster Dota-2-Weltmeister ist gerade mal 16 Jahre alt. Jetzt hat er eine Computerspiele-Weltmeisterschaft gewonnen - und sehr viel Preisgeld.

Von Caspar von Au

Sumail Hassan kaut Kaugummi. Er versteckt beide Hände in den Hosentaschen. Die schwarzen Haare stehen nach oben. Um ihn herum explodieren Fontänen aus grellem Licht, seine Teamkameraden recken die tellerartige Trophäe in die Höhe. Die mehr als 12 000 Zuschauer in der Arena jubeln.

Eigentlich sieht der schmächtige 16-Jährige nicht so aus wie jemand, der soeben Millionär geworden ist. Vielmehr wirkt Hassan so, als ginge ihn das alles gar nichts an. Sein Team. Die Trophäe. Die Siegerehrung. Hassan steht da, kaut und lächelt scheu. Genauer hat Hassan am Samstagabend 1 326 021 US-Dollar und 80 Cent gewonnen. Das ist sein Anteil an den rund 6,63 Millionen Dollar, die seinem Team zustehen. Die "Evil Geniuses" haben beim Computerspiele-Turnier "The International 2015" in Seattle in den USA den ersten Platz belegt.

The International, das ist so etwas wie die Weltmeisterschaft in "Dota 2", einem Online-Computerspiel. Bei Dota 2 spielt man fünf gegen fünf, virtuell geht es - wie bei vielen Computerspielen - um Leben und Tod. The International wurde dieses Jahr bereits zum fünften Mal ausgetragen. Vom 3. bis zum 8. August trafen sich 16 Teams aus aller Welt in der Basketball- und Eishockey-Arena in Seattle.

Als Preisgeld hatte Valve, Entwickler von Dota 2 und Veranstalter des Turnieres, ursprünglich eine Summe von 1,6 Millionen Dollar ausgeschrieben. Dota-2-Spieler konnten in den vergangenen Monaten digitale Gegenstände im Spiel kaufen. Von dem Erlös floss ein Teil in den Preisgeldtopf und verzehnfachte die Summe. Das Turnier ist mit 18,4 Millionen Dollar Preisgeld das bisher am höchsten dotierte Turnier im E-Sport, dem sportlichen Wettkampf unter Computerspielern.

Hassans Weg zum erfolgreichen E-Sportler klingt ähnlich wie die Handlung des Films Slumdog Millionär: Er wächst mit seiner Familie in Karachi im Süden Pakistans auf. Durch seinen sieben Jahre älteren Cousin kommt er als Achtjähriger zum Dota-2-Spielen. Online nennt er sich selbst "Suma1L". Weil sie beide keine eigenen Computer haben, fahren die Jungs zum Spielen ins Internetcafé. Einmal habe er sogar sein Fahrrad verkauft, um länger spielen zu können, erzählt Hassan im Vorstellungsvideo für das Turnier.

Im vergangenen Jahr wandert der Vater mit der Familie in die USA aus. Hassan ist zu der Zeit 15 Jahre alt. Er trainiert wie ein Besessener, spielt neun Stunden am Tag Dota 2. In die Schule geht er nur nebenbei. Und ihm gelingt der Durchbruch: Nach einigen Stationen in verschiedenen nordamerikanischen Teams heuern ihn die Evil Geniuses an.

Sie sind alte Hasen im E-Sport. Bereits 1999 als Team für den Ego-Shooter Counter-Strike gegründet, haben sie sich als E-Sport-Organisation in der weltweiten Computerspiel Szene etabliert. Neben Dota 2 stellen sie noch Teams in vier anderen Videospielen. Dass die Evil Geniuses jetzt Dota-2-Weltmeister sind - sie besiegten im Finale das chinesische Team CDEC -, überrascht kaum. Sie gehörten zum Favoritenkreis. Nur einem Monat nachdem sich Hassan dem Team anschloss, gewannen sie im Februar dieses Jahres schon die "Dota 2 Asia Championships". Preisgeld pro Spieler: ungefähr 250 000 Dollar. Mit je mehr als 1,6 Millionen Dollar Gewinn sind Hassan und seine vier Mitstreiter gemessen am Preisgeld die fünf erfolgreichsten Computerspieler.

Im Interview auf dem Siegertreppchen sagt Hassan, noch immer Kaugummi kauend: "Der Sieg bedeutet alles für mich. Ich habe für meine Familie gewonnen." Seine Augen glitzern dabei ein wenig. Aber er erweckt den Anschein, als habe er mit nichts anderem gerechnet.

© SZ vom 11.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: