Nahaufnahme:Auf der Jagd

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"Ich war immer die untypische Besetzung". Iris Bethge (Foto: dpa)

Iris Bethge wird Chefin des Bankenverbandes VÖB. Warum die 47-Jährige eine ungewöhnliche Besetzung ist.

Von Andrea Rexer

Wenn Iris Bethge auf dem Rücken ihres Pferdes im Wald hinter einer Meute Spürhunde herjagt, dann durchquert sie so manchen Graben und überspringt so einige querliegende Baumstämme. Die Reitjagd ist nur ein Hobby - übrigens eines, bei dem nicht geschossen wird. Aber die Fähigkeit, selbst große Hürden elegant zu nehmen, muss Iris Bethge nun auch im Job beweisen: Die 47-Jährige wird neue Hauptgeschäftsführerin des Bankenverbandes VÖB, der sich für die Belange der öffentlichen Banken einsetzt. Ihr Sprung an die Spitze eines Verbandes ist durchaus ungewöhnlich, denn bisher verantwortet Bethge die Kommunikation, und das auch noch bei der Konkurrenz, dem Verband der Privatbanken, BdB.

Kein Wunder also, dass die Personalie in der Bankenbranche Aufsehen erregt hat. Schließlich standen auf der Liste des Headhunters auch eine ganze Reihe von Männern, die sich fachlich für qualifizierter halten. "Die werden sie inhaltlich sicherlich herausfordern wollen", sagt einer aus der Szene. Viele sind gespannt, wie sie sich bei öffentlichen Auftritten schlagen wird und ob es ihr gelingen wird, auch inhaltlich eigene Akzente zu setzen. Dass sie den Verband öffentlich gut positionieren wird, daran zweifelt niemand.

Doch selbst, wenn sie Gegenwind bekommt, würde das Bethge nicht abschrecken. Gern erzählt sie aus der Zeit, in der sie als Redaktionsleiterin des Isenhagener Kreisblattes den Auftrag hatte, das Blatt umzukrempeln. Schon nach einer Woche umringte die Redaktion ihren Tisch: "Es ist leichter, wenn sich nur eine umgewöhnt und nicht fünf", sagten sie ihr. Bethge setzte sich durch. Auch wenn es ihr, wie sie ganz offen erzählt, nicht immer leichtfiel.

In den Journalismus ging sie erst, nachdem ihr ursprünglicher Traum geplatzt war: Sie wollte Ärztin werden. Doch eine verpatzte Prüfung hinderte sie daran. Ein herber Rückschlag, wie sie im Rückblick zugibt. "Sowohl in der Medizin als auch im Journalismus arbeitet man mit Menschen und muss unter hohem zeitlichen Druck die richtigen Entscheidungen treffen", beschreibt sie, was sie an beiden Berufen reizt.

Großen Druck lernte sie später auch in der Politik kennen. Von 2005 bis 2009 war sie Pressesprecherin für Familienministerin Ursula von der Leyen. Obwohl sie politisch zuvor nicht aktiv war, hatte sie damals einfach die Hand gehoben, als die neue CDU-Regierung in Niedersachsen die Wahl gewonnen hatte. "Ich war immer die untypische Besetzung", grinst sie. Ihre zupackende Art hat ihr viele Türen geöffnet. Dass man die Dinge selbst in die Hand nehmen muss, wenn man erfolgreich sein will, das hat sie bei ihren Eltern abgeschaut, die einen kleinen Metallbaubetrieb hatten. "Ich habe früh gelernt, dass man für Geld arbeiten muss", sagt sie. Und, dass der Job nach Dienstschluss nicht zu Ende ist. Nur den Weg nach Berlin, den trat sie im Schlepptau an: Ursula von der Leyen nahm sie 2005 mit, als sie in die Bundespolitik wechselte. Für Bethge bedeutete das einen Karrieresprung: Sie verantwortete im Familienministerium nicht nur die Kommunikation, sondern war als Chefin des Leitungsstabes für 50 Mitarbeiter zuständig.

Diese Erfahrungen kann sie im neuen Job gut gebrauchen. Auch ihr Netzwerk innerhalb der CDU wird hilfreich sein, wenn sie für die Interessen der Förder- und Landesbanken werben wird. "Sie kann sich auf dem politischen Parkett gut bewegen, und sie ist gut in der CDU vernetzt - allerdings nicht in den anderen Parteien", sagt ein Weggefährte über sie. In der neuen Position muss sie sich also neue Türen öffnen. Da sie nicht als politische Hardlinerin, sondern als Pragmatikerin gilt, dürfte ihr das nicht allzu schwer- fallen.

© SZ vom 10.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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