Nahaufnahme:Auf der Bank

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Stefan Effenberg, 50, Spitzname: Tiger, wird Mitarbeiter der VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden – samt Eintrag im Organigramm. (Foto: imago/Eduard Bopp)

Ex-Profi-Fußballer Stefan Effenberg heuert bei einem thüringischen Geldinstitut an. Was auf den ersten Blick erstaunt, hat eine gewisse Logik.

Von Heinz-Roger Dohms

Dass Stefan Effenberg Sinn fürs Geschäft hat, ist kein Geheimnis: Zwar kickt er seit 2004 nicht mehr professionell, vom Fußball lebt er trotzdem immer noch. Er ist TV-Experte, besitzt eine Lizenz als Profitrainer, betreibt gemeinsam mit seinem Sohn eine Beratungsagentur für Sportler - und hat bei der Volks- und Raiffeisenbank Bad Salzungen Schmalkalden einen Arbeitsvertrag unterschrieben. Jener Stefan Effenberg, der den FC Bayern 2001 zwar nicht ganz, aber doch fast alleine zum Triumph in der Champions League führte.

Ein Marketing-Gag? Nein, nein, beeilt sich der Sprecher zu betonen: "Herr Effenberg wird ein regulärer Mitarbeiter unserer Bank, was zum Beispiel bedeutet, dass er einen ganz normalen Vertrag erhält und ganz normal in unserem Organigramm geführt wird." Effenberg, 50, Spitzname: Tiger, Status: gewesenes Enfant Terrible des deutschen Profifußballs, im Organigramm einer Provinz-Bank?

Auf den ersten Blick wirkt die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden wie eines jener braven genossenschaftlichen Institute, die es überall im Land gibt. Und tatsächlich ist die Bank am Fuße des Thüringer Waldes mit einer Bilanzsumme von 820 Millionen Euro eher klein. Brav jedoch ist sie beileibe nicht.

Wer den jüngsten Mitgliederbrief durchblättert, findet auf den Seiten 46 und 47 beispielsweise ein Interview mit Alexander Wehrle, dem Geschäftsführer des 1. FC Köln. Der rheinische Traditionsverein hat eine sogenannte Kontokorrentlinie bei den Genossen - die er allerdings noch nie in Anspruch genommen hat. Und nicht nur der 1. FC Köln. Im vorangegangenen Mitgliederbrief rühmt sich die Bank, sich "eine Position als Finanzierungspartner zahlreicher Fußballvereine" erarbeitet zu haben - darunter nicht nur Klubs der 1. und 2. Bundesliga, sondern auch Vereine aus der Champions League. Das wiederum passt zu einer Geschichte, die neulich im Spiegel stand: Demnach soll die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden allein dem spanischen Spitzenverein Atlético Madrid rund zehn Millionen Euro gepumpt haben. Bis zu zehn Prozent betrage die Verzinsung, war zu lesen - bei einem scheinbar überschaubaren Risiko.

Wenn die Geschäfte aber wirklich so sicher sind, würde sie dann nicht jemand anderes machen? Warum leiht sich Atlético das Geld nicht bei einer spanischen Bank? Und warum geht der 1. FC Köln nicht, sagen wir, zur Commerzbank? Woran sich dann die nächste Frage anschließt: Sind die thüringischen Volksbanker - bei allem Respekt - wirklich in der Lage, die möglichen Fallstricke ihrer Engagements zu überblicken?

Zumindest scheint klar, wie die große weite Fußballwelt überhaupt zur kleinen Bank kommt. Die Verbindung läuft über einen weiteren Prominenten in Reihen der Genossen: den früheren thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus. Der sitzt nicht nur in Bad Salzungen im Aufsichtsrat, sondern auch in jenem der Investmentfirma Score Capital. Deren Geschäftsmodell scheint darin zu bestehen, klamme Klubs an liquide Banken zu vermitteln - wie die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden. Die verlieh ausweislich des Jahresabschlusses Ende 2017 schon 13,4 Prozent ihrer sämtlichen Kredite an "Organisationen ohne Erwerbszweck/Fußball". Das wären fast 60 Millionen Euro.

Effenberg soll nun helfen, das Geschäft weiter auszubauen. Der Ex-Profi, der unter anderem für Gladbach, Florenz, die Bayern und Wolfsburg gekickt hat, könnte das Geldhaus unmittelbar bei den Klubs verankern. Über die notwendigen Kontakte dürfte er verfügen. Und an Ehrgeiz scheint es ihm auch nicht zu mangeln: Seit April besucht Effenberg ein Seminar für Bankmanager an der Akademie Deutscher Genossenschaften.

© SZ vom 05.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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