Nahaufnahme:Alles für zwei Dollar

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"Jeder will sparen, aber keiner will als knausrig gelten." David Yeom. (Foto: oh)

David Yeom hat eine große Idee: Er will die Billig-Shops ins Internet bringen. Das große Problem sind dabei die Versandkosten. Yeom arbeitet an Lösungen.

Von  JÜRGEN SCHMIEDER

Es gibt einen Satz, den sich die Amerikaner gerne beim Basketball zurufen: "Du bist so arm, du kaufst sogar dein Essen im Dollar-Store." Das ist kein Kompliment ob der gewitzten Sparsamkeit des Gegenspielers, sondern eher eine kreative Beleidigung wie jene, dass der Gegner niemals so alt werden wird, wie man ihn beim nächsten Spiel aussehen lassen wird. David Yeom, 40, hat diesen Satz oft gehört in seinem Leben. Er hat sich dabei nicht selten gewundert, was denn so schlimm daran ist, wenn jemand in einem der Billigläden einkauft - schließlich gibt es auch dort ordentliche Produkte. "Jeder will sparen, aber keiner will als knausrig gelten", sagt Yeom über die Läden, die in den USA "Dollar Tree" oder "99 Cents Only Store" heißen und in Deutschland "Euroshop" oder "Pfennigpfeiffer": "Jeder hofft, dass er beim Einkauf nur ja niemanden trifft, den er kennen könnte."

Aus diesem Grund hat Yeom mit vier Kollegen das Unternehmen Hollar gegründet und bei einer Investorenrunde im Sommer noch vor der Eröffnung 5,5 Millionen Dollar für den Billig-Shop im Internet eingesammelt. Seit vergangener Woche haben die virtuellen Tore geöffnet, fast alle Produkte kosten zwei Dollar. Es gibt alles, was es in den Läden aus Stein und Mörtel auch gibt: Gläser, Windeln, Luftballons, Geburtstagskarten, Socken, Puppen, Deodorants, natürlich auch Snacks wie Erdnüsse, Popcorn und Gummibärchen. Die meisten Produkte, die mit den Disney-Prinzessinnen aus dem Film "Frozen" zu tun haben, sind bereits ausverkauft. Kein Wunder, viele kosten bei anderen Onlinehändlern das Fünffache. Ebenfalls beliebt: Schmuck, Bilderrahmen und Windeltaschen.

Das Geschäft mit Billigprodukten - meist entweder aus der Mode gekommene Markenartikel oder günstigere, aus China importierte Güter - läuft prächtig, alleine in den USA nehmen die prägenden Marken pro Jahr insgesamt etwa 40 Milliarden Dollar ein. Mehr als 95 Prozent davon stammen aus dem Offline-Geschäft. Bleibt die Frage, warum keiner der großen Anbieter bislang den Großteil seines Geschäfts ins Internet verlegt hat. Das könnte daran liegen, dass bislang niemand das Problem gelöst hat, Billigprodukte auch billig zu den Kunden zu senden. Yeom glaubt, dafür eine Lösung zu haben: Er will den Preis einer durchschnittlichen Bestellung vor allem durch Pakete und Sammelangebote nach oben treiben. Das bedeutet etwa, dass ein Kunde für die Geburtstagsparty seines Sohnes etwa alle Zwei-Dollar-Produkte kauft, die mit Spiderman oder Star Wars zu tun haben.

"Wir sind alle keine Jungspunde mehr, die mal schnell ein Start-up gegründet haben. Wir sind alle Dinosaurier", sagt Yeom. Er selbst war zuletzt Vizepräsident bei Honest, dem Internet-Luxusbabyartikel-Shop der Schauspielerin Jessica Alba, das nach einer Investorenrunde im August mit 1,7 Milliarden Dollar bewertet wird. Kollege John Um war Chefstratege beim 99 Cents Only Store, die anderen drei waren beim Online-Schuhdesigner Shoe Dazzle. "Wir haben die besten Leute aus den Unternehmen, die wir selbst gegründet oder entwickelt haben, in einer Firma zusammengebracht. Wir sind erfahren in allen Bereichen, die wir brauchen", sagt Yeom.

Das klingt wunderbar, bleibt dennoch die Frage, ob die Kunden tatsächlich so viel einkaufen, dass sie keine Versandkosten bezahlen müssen (derzeit liegt die Grenze bei 25 Dollar), oder ob sie bei einem geringeren Einkauf nicht doch lieber riskieren, in einem Billigladen von Freunden oder Nachbarn entdeckt zu werden. Falls das passiert, wird Yeom wohl sein Essen im Dollar-Store kaufen müssen. Vor allem dürfte er beim Scheitern älter aussehen, als er jemals werden wird.

© SZ vom 26.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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