Nachhaltigkeits-Logos:Wege durch den Siegel-Dschungel

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Illustration: Stefan Dimitrov (Foto: N/A)

Es gibt mittlerweile so viele Nachhaltigkeits-Logos, dass man schnell den Überblick verliert. Eine kleine Übersicht.

Von Vivien Timmler

Der erste Blick geht meist aufs eingenähte Etikett: Umweltbewusste Verbraucher erfahren dort, aus welchem Material ein Kleidungsstück besteht und wo es produziert wurde. Ob es unter fairen Bedingungen entstand, recycelt werden kann oder mit welchen Chemikalien es in Berührung kam, verrät das Schildchen allerdings nicht. Hier helfen Textil-Siegel - doch davon gibt es mittlerweile so viele, dass man leicht den Überblick verliert.

Das strengste Siegel am Markt vergibt der Internationale Verband der Naturtextilwirtschaft, kurz IVN. Die Vorgaben für Chemikalien-Rückstände in Kleidung sind besonders streng, genau wie die Sozialstandards, die eingehalten werden müssen. Weil sie auf Erdöl basieren, sind zudem Produkte aus Synthetikfasern von der Zertifizierung ausgeschlossen, die allerdings in einem großen Teil der im Handel erhältlichen Mischfaserkleidung enthalten sind. Somit ist das Siegel zwar sehr streng, aber nicht sehr verbreitet.

Eher lohnt es sich im Alltag, auf das GOTS-Siegel zu achten: Die Produkte müssen zu mindestens 70 Prozent aus Bio-Baumwolle bestehen, Fasern wie Polyester dürfen nur in recyceltem Zustand verarbeitet werden. Der Standard regelt die gesamte Produktionskette vom Anbau der Rohstoffe bis zum Endprodukt und schreibt neben Mindestlöhnen auch ein Verbot von Diskriminierung vor. Zu finden ist das Siegel etwa bei Hess Natur, Alnatura oder dem Öko-Online-Shop Avocado Store.

Als etwas weniger streng bei der Untersuchung der textilen Produktionskette, hinsichtlich der Chemikalien-Grenzwerte aber sehr verlässlich, gilt das Siegel Bluesign. Mehr als 500 Firmen lassen ihre Produkte mittlerweile auf diese Weise kontrollieren und zertifizieren, darunter etwa Adidas, Vaude oder G-Star. Das Siegel schließt keine Faserart von der Zertifizierung aus, also auch keine neuwertigen Synthetikfasern.

Für September hat zudem Entwicklungsminister Gerd Müller ein neues staatliches Textilsiegel angekündigt, den Grünen Knopf. Allerdings müssen teilnehmende Firmen zum Start erst einmal nur höhere Standards beim Nähen und Färben der verwendeten Stoffe nachweisen. Eigene Kontrollen bei der Baumwollproduktion sind vorerst nicht geplant. Es gibt daher auch Kritik: Die Lieferketten würden nicht ausreichend überprüft, das Konzept sei "unausgegoren", kritisiert der Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie.

Wer im Alltag auf unbekannte Siegel stößt und sie auf ihre Kriterien untersuchen will, kann die App Siegelklarheit nutzen: Sie hilft, die Logos zu verstehen.

© SZ vom 30.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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