Medien:"Wir müssen uns jetzt ändern, sonst werden wir verändert"

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Nachhaltigkeit wird von vielen Unternehmen immer stärker und lauter propagiert, doch gerade die Medien sollten ganz genau hinschauen. Ein Werkstattbericht aus der SZ-Wirtschaftsredaktion.

Von Caspar Busse

Das Thema Umwelt hat früher vor allem im Politik- oder im Wissensteil der Zeitungen und anderer Medien stattgefunden. Doch die Zeiten sind lange vorbei, Nachhaltigkeit, die Folgen des Klimawandels, CO₂-Neutralität, umweltgerechtes und soziales Unternehmertum - all das nimmt inzwischen einen großen Stellenwert in der Wirtschaftsberichterstattung ein, auch bei der Süddeutschen Zeitung. Das Interesse der Leserinnen und Leser daran ist übrigens hoch - und weiter steigend.

So gibt es inzwischen kaum noch ein Unternehmen, das auf Nachhaltigkeit nicht großen Wert legt. Einfach sind diese Themen aber nicht, denn gerade hier wollen die PR-Abteilungen und PR-Beauftragten der kleinen und großen Firmen gerne ihre Deutungshoheit behalten. Der Druck bei der Berichterstattung ist da, der Versuch der Beeinflussung manchmal auch - nicht nur bei Umweltthemen. Welche Gedankenspiele möglich sind, zeigte vor Kurzem ein Positionspapier des Beirats Junge Digitale Wirtschaft, der den Bundeswirtschaftsminister beraten soll. Darin wurde allen Ernstes vorgeschlagen, es müsse eine "Disziplinierung der Presse zu sachlicher, richtiger und vollständiger Information" erfolgen. Inzwischen wurde die Idee zurückgezogen.

"Mittlerweile hat gefühlt auch die letzte Firma erkannt, dass Nachhaltigkeit ein Verkaufsargument geworden ist", sagt SZ-Redakteurin Vivien Timmler. Aber Vorsicht sei geboten, zu oft sei Greenwashing zu beklagen, man gibt einfach vor, grün zu sein und macht weiter wie bisher. Es gebe einfach Geschäftsmodelle - und das seien meist die, die auf Masse ausgelegt sind -, die per se nicht nachhaltig sind, sagt Timmler. "Unsere Aufgabe ist es, alles kritisch zu hinterfragen", betont auch SZ-Redakteurin Silvia Liebrich.

"Bei der Berichterstattung geht es auch immer wieder darum, wie ernst die Unternehmen das Thema Nachhaltigkeit nehmen und wie ehrlich sie dabei vorgehen", so Michael Kläsgen, der für die SZ über die gesamte Handelsbranche berichtet. Da müsse man sehr genau hinschauen. Kein Handels- und auch kein Konsumgüterunternehmen komme mehr an der Nachhaltigkeitsfrage vorbei, etwa was das Verpackungsthema betrifft, sagt Kläsgen, der über diverse Initiativen wie das Rezyklatforum der Drogeriemarktkette dm, an der viele namhafte Firmen teilnehmen, oder den Einstieg der Schwarz Gruppe (Lidl, Kaufland) in das Müll- und Recyclinggeschäft berichtet.

Strafen, Anreize oder Selbstverpflichtung?

Was tun? "Nachhaltige Veränderungen funktionieren dort am besten, wo es einen gesellschaftlichen Konsens gibt", glaubt Timmler. Anreizsysteme würden dabei oft besser funktionieren als Strafen: "Es muss sich für Konsumenten lohnen, sich nachhaltig zu verhalten." Auch Selbstverpflichtungen, die oft kritisch gesehen würden, könnten manchmal helfen, sagt Kläsgen. So habe das Aufkommen an Plastiktüten deutlich abgenommen, seit sich die gesamte Handelsbranche dazu verpflichtete.

Es gebe aber immer noch zu viele Beharrungskräfte, kritisiert Liebrich. Das Wirtschaften, wie es bisher üblich war, müsse grundsätzlich in Frage gestellt werden. Aber da habe sich Einiges bewegt. Alle hätten erkannt, dass etwas getan werden müsse. Der Druck steige. "Wir müssen uns jetzt ändern, sonst werden wir verändert", betont Liebrich.

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