Das Corona-Wiederaufbauprogramm der EU-Kommission soll nicht nur der Wirtschaft wieder auf die Füße helfen. "Ich werde dafür sorgen, dass wir auch bei der grünen Finanzierung einen Schritt nach vorne machen", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen im September. Etwa ein Drittel der 750 Milliarden Euro für den Wiederaufbaufonds soll über sogenannte "grüne" Anleihen beschafft werden. Über Bonds also, die anders als herkömmliche Anleihen zweckgebunden sind, an den Zweck Klimaschutz.
Die Bertelsmann-Stiftung und das Berliner Jacques Delors Centre warnen nun aber, dass die geplanten Anleihen für künftiges klimafreundliches Finanzieren sogar eher ein Nachteil sein könnten, weil die grünen Bonds de facto einen neuen Standard setzen würden. "Das größte Risiko ist, dass dieser Standard deutlich hinter dem zurück bliebe, was aus Klima- und Umweltschutzgesichtspunkten wünschenswert wäre", heißt es in einem gemeinsamen Papier, das der SZ vorliegt. Außerdem sei es sehr unwahrscheinlich, dass die Ausgabe der Anleihen als "grüne" Anleihen dazu führen würde, dass die Mittel aus dem Wiederaufbaufonds auch wirklich für besonders klimafreundliche Projekte eingesetzt werden.
Welche Vorhaben der EU-Länder mit den neuen Geldern finanziert werden, hängt maßgeblich von nationalen Wiederaufbauplänen ab, die die Mitgliedstaaten ausarbeiten und der Kommission vorlegen müssen. Die Ausgestaltung des Wiederaufbaufonds, der gerade zwischen EU-Parlament und dem Rat der Mitgliedstaaten verhandelt wird, habe darum viel stärkeren Einfluss auf die Frage, wie grün die geförderten Projekte sind, als die Finanzierungsform, die dahinter steckt. Und das, was da gerade verhandelt wird, ist dem Papier zufolge nicht so ambitioniert, dass es als Vorbild gelten könne. "Die bisherigen Klimakriterien im Wiederaufbaufonds sind dafür noch nicht streng genug" sagt etwa Lucas Guttenberg, der stellvertretende Direktor des Jacques Delors Centre an der Hertie School in Berlin, wo grün draufstehe, solle auch grün drin sein.
Dabei hat die EU bereits ein System, um Investitionen auf ihre Nachhaltigkeit hin zu bewerten: die sogenannte Taxonomie. Die Kommission solle grüne Bonds nur für solche Projekte ausgeben, die den Anforderungen der Taxonomie genügten, heißt es in dem Papier, auch wenn das bedeutete, dass von der Leyens angestrebtes Drittel nicht erreicht wird. "Dafür würden die so verteilten grünen Anleihen ihren Namen wirklich verdienen und den richtigen Standard setzen."