Nach Milliardenverlusten:FBI ermittelt gegen JP Morgan

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Neben der Börsenaufsicht und Präsident Obama interessiert sich jetzt auch das FBI für die Spekulationsverluste von JP Morgan. 2,3 Milliarden Dollar hatte die amerikanische Bank verzockt. Die Chefs der Bank sollen trotzdem Millionen-Boni erhalten.

Nikolaus Piper, New York

Das amerikanische Justizministerium hat erste Ermittlungen gegen JP Morgan Chase eingeleitet. Grund ist nach einem Bericht des Wall Street Journal der Spekulationsverlust von 2,3 Milliarden Dollar, den die Großbank bei einer Wette auf europäische Firmenschulden erlitten hatte.

Das Justizministerium fungiert in den USA als oberste Strafverfolgungsbehörde. Die Ermittlungen seien allerdings noch in einem sehr frühen Stadium, heißt es. Es sei auch nicht klar, wegen welcher Straftatbestände genau gegen die Bank ermittelt werde. Auch das FBI schaut sich jetzt offenbar die Vorkommnisse an, offizielle Ermittlungen sind aber noch nicht eingeleitet.

Vor dem Justizministerium hatte bereits die Börsenaufsicht SEC Ermittlungen gegen JP Morgan angekündigt. Der Bankenausschuss des Senats plant als Reaktion auf den spektakulären Verlust eine Anhörung zur Frage, wie die neuen Gesetze der Regierung von Barack Obama über die Regulierung der Finanzmärkte umgesetzt werden. Ein Termin dafür steht noch nicht fest. Der Chef der Bank, Jamie Dimon, war vor Bekanntwerden des Milliardenverlustes, einer der lautesten Kritiker der Gesetze gewesen.

Auch Präsident Obama, der früher selber den Rat von Jamie Dimon einholte, schaltete sich in die Debatte um den Spekulationsverlust ein. Er wertete das Debakel als Beleg dafür, wie nötig strenge Gesetze zur Regulierung der Finanzmärkte sind. Dimon sei "einer der klügsten Banker, die wir haben", sagte er dem TV-Sender ABC. "Und trotzdem hatten sie über zwei Milliarden Dollar Verlust."

Die Großaktionäre stellen sich hinter Chef Jamie Dimon

Auf der Hauptversammlung von JP Morgan in Tampa (Florida) stellten sich die Großaktionäre der Bank hinter Chef Jamie Dimon. Der Kompensationsplan für das Management wurde mit einer Mehrheit von 91,5 Prozent gebilligt; im vergangenen Jahr waren es nur 73 Prozent gewesen.

Voten der Hauptversammlung zu Gehaltsfragen sind nach amerikanischem Recht nicht bindend, sie haben aber eine hohe symbolische Bedeutung. Für das Jahr 2011 bekommt Dimon an Gehalt und Bonus 23 Millionen Dollar - genauso viel wie 2010. Auch für Ina Drew, die oberste Risikomanagerin der Bank, wurde die Kompensation von 14 Millionen Dollar gebilligt.

Drew war für den Milliardenverlust direkt verantwortlich und wird die Bank verlassen. Unter Umständen muss sie einen Teil ihrer Aktienoptionen zurückgeben. Eine Gruppe von Investoren verlangte, dass Dimon das Amt des Chairman (Vorsitzender des Verwaltungsrats) aufgibt, das er neben dem des CEO (Vorstandschef) innehat. Die Forderung fand aber keine Mehrheit. Die Voten vieler Aktionärsgruppen waren allerdings schon vor Bekanntwerden der Verluste abgegeben worden. Die Aktie von JP Morgan, die am Montag abgestürzt war, erholte sich am Dienstag wieder und legte im Handelsverlauf um 3,8 Prozent zu.

Dimon entschuldigte sich vor den Aktionärsvertretern für die Handelswetten: "Das hätte niemals passieren dürfen." Er sei aber grundsätzlich gegen die Regulierung der Finanzmärkte. JP Morgan habe zwar den größten Teil der amerikanischen Finanzmarkt-Reform unterstützt, und er habe auch nicht grundsätzlich etwas gegen die "Volcker Rule" gehabt. Die Regel, benannt nach dem früheren US-Notenbankpräsidenten Paul Volcker, verbietet den Banken den profitablen Handel mit eigenem Geld. "Wir glauben aber, dass es wichtig ist, dass wir unsere Risiken absichern können", so Dimon.

Umstritten ist unter Experten, ob die verlustreichen Finanzwetten tatsächlich nur Absicherungsgeschäfte waren oder doch Spekulations-Deals, die nach der Volcker-Regel künftig untersagt sind. Die Behörden wollen bis zum 21. Juli die Details der Regel festlegen.

Dimon versicherte, dass die Bank trotz der Spekulationsverluste stark sei: "Wir können Krisen und Rückschläge wie diese verkraften." Ein Aktionär wollte wissen, ob die Dividende in Mitleidenschaft gezogen werde. "Ich hoffe natürlich nicht", antwortete Dimon. Teilnehmer beschrieben die Stimmung auf der Hauptversammlung als "gutmütig".

© SZ vom 16.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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