Nach dem Ende der Abwrackprämie:Rabattschlacht - jetzt erst recht

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Die Abwrackprämie ist Geschichte - doch das dürfte die Rabattschlacht unter den Autohändlern erst recht anfeuern. Denn Experten rechnen mit Preisnachlässen von mehr als 20 Prozent. Sie raten außerdem, sich mit dem Kauf des Neuwagens Zeit zu lassen.

Es ist ein gewisser Trost für alle, die die Abwrackprämie nicht mehr bekommen: Einer Studie zufolge schnellen die Rabatte für Neuwagen derzeit in die Höhe.

Ein Autohaus in Rostock bietet eine Umweltprämie der anderen Art: Nach dem Auslaufen der Abwrackprämie bieten nun viele Händler überdurchschnittlich hohe Rabatte an. (Foto: Foto: dpa)

Im August ermittelte das Car-Center der Universität Duisburg-Essen 344 Rabattaktionen der Hersteller - das war ein neues Rekordniveau. Im Schnitt bekamen Käufer ein Auto mit einem Nachlass von 20 Prozent auf den Listenpreis - zu Jahresbeginn hatte der Durchschnittsrabatt erst bei 16 Prozent gelegen. Dazu kam bislang die Abwrackprämie noch obendrauf.

"Die Autohändler leiten ab September eine neue Rabattschlacht im Automarkt ein - diesmal eben ohne Staatszuschuss", sagte Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer.

Dudenhöffer rechnet damit, dass die Käufer bis Jahresende mit Rabatten von etwa 22 Prozent rechnen können. "Wer ein neues Auto kaufen möchte, sollte bis zum Frühjahr 2010 warten", empfahl der Experte. Dann müssten die Hersteller wegen des erwarteten Absatzeinbruchs Autos noch günstiger anbieten.

Im August waren viele Wagen mit ungewöhnlich hohen Rabatten zu haben. Rechnet man die Abwrackprämie mit ein, so kostete ein VW Golf Trendline 40,6 Prozent weniger als laut Listenpreis. Davon betrug der reine Rabatt knapp 26 Prozentpunkte, die Abwrackprämie steuerte 15 Prozentpunkte bei. Ein Opel Corsa Selection war 46,2 Prozent günstiger.

Preislisten ohne Aussagekraft

Insgesamt boten die Autobauer 19 Modelle inklusive Abwrackprämie mit Rabatten von mehr als 40 Prozent an. "Die Listenpreise sind das Papier nicht mehr wert, auf dem sie gedruckt sind", lautet das Fazit der Studie. Die Preisnachlässe im Ferienmonat August seien untypisch, weil die Hersteller zur Urlaubszeit die Rabatte normalerweise zurückdrehten.

Zu den Aktionen zählen Sondermodelle, Sonderzinsen, Bar-Rabatte sowie Eintauschprämien. Dabei sind die Nachlässe, die die Händler Kunden zusätzlich einräumten, noch nicht enthalten. Die Experten warnen vor einem Einbruch des deutschen Autoabsatzes nach dem Auslaufen der Prämie. "Es wird lange dauern, bis sich der deutsche Automarkt von der größten Rabattschlacht der Geschichte Deutschlands erholt hat", sagte Dudenhöffer.

Um 10.14 Uhr war am Mittwoch beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) der vorerst letzte mögliche Antrag für die Abwrackprämie gestellt worden, wie ein Mitarbeiter der Behörde mitteilte. Damit sind jetzt 1,994 Millionen Fahrzeuge verschrottet und durch neue ersetzt worden.

Monatelang war Deutschland im Abwrackfieber. Zuletzt erreichten das Bafa im Schnitt 14.000 Anträge pro Tag. Am Mittwoch um 07:30 Uhr war noch Geld für 4382 Anträge vorhanden, zwei Tage zuvor, am Montagmittag, hatten noch knapp 38.000 Antragsteller eine Chance auf die 2500 Euro Prämie. Fünf Milliarden Euro hatte die Bundesregierung insgesamt für die abwrackwilligen Autofahrer bereitgestellt.

Wegen der immensen Nachfrage in den vergangenen Tagen muss das Bafa die Antragsflut erst bearbeiten, bevor die Gelder ausgezahlt werden können. Das kann erfahrungsgemäß mehrere Monate dauern.

Warteliste wird eingerichtet

Und nun? Nun ist der Topf leer und wird auch nicht wieder aufgefüllt. Wer sich dennoch eine Mini-Chance auf die Abwrackprämie sichern will, hat dazu am Donnerstag ab neun Uhr die Möglichkeit. Dann eröffnet das Bafa auf seiner Internetseite eine Liste mit 15.000 Plätzen. Sollte eine reservierte Prämie nicht abgerufen werden, haben all jene eine Chance, die sich dort eingetragen haben. "Sollten nachträglich keine Mittel mehr frei werden, erhalten die Antragsteller einen Ablehnungsbescheid", schrieb das Bundeswirtschaftsministerium.

Danach soll endgültig Schluss sein. Die Bundesregierung hat bereits deutlich gemacht, dass die Abwrackprämie nicht verlängert werden soll. "Wir haben eine Brücke gebaut. Und nun müssen wir wieder alle selber schwimmen", sagte Norbert Röttgen, Fraktionsgeschäftsführer von CDU/CSU.

Für die Autokonzerne wird es jetzt schwierig. Neben den Rabattschlachten ist von einem Milliardenminus im kommenden Jahr die Rede. "Kein Land der Welt wird 2010 so stark verlieren wie Deutschland", prognostizierte Automobilprofessor Ferdinand Dudenhöffer.

Lesen Sie auf der zweiten Seite, wie deutsche Hersteller von der US-Abwrackprämie "Cash for Clunkers" profitierten.

In jedem Fall rechnen Experten mit dem Ende des Pkw-Booms in Deutschland und einen Händlersterben. Doch gerade bei den Autohändlern herrscht noch demonstrative Gelassenheit. Durch die Prämie hätten die Autohäuser in diesem Jahr gute Geschäfte gemacht und "ein wenig Fleisch" angesetzt, sagt ein Sprecher des Zentralverbands des Deutschen Kraftfahrzeuggewerbes (ZDK).

Immerhin sorgte die staatliche Stütze nach Angaben des Importeursverbandes VDIK dafür, dass dass die Neuzulassungen um 28 Prozent kletterten. Seit Jahresbeginn wurden demzufolge 2,675 Millionen Wagen neu registriert, ein Plus von 26,8 Prozent.

"Die Umweltprämie hat sich ausgesprochen positiv ausgewirkt, auf den Arbeitsmarkt und die Umwelt", resümierte auch Bafa-Präsident Arnold Wallraff. "Das war eine sehr wirksame Maßnahme aus dem Konjunkturpaket II".

Besonders profitiert davon haben vor allem Anbieter von Kleinwagen, etwa Hyundai, Opel oder Dacia, die Billigmarke des Renault-Konzerns. "Wir wollten in diesem Jahr ursprünglich 40.000 Fahrzeuge verkaufen - jetzt könnten es 80.000 werden. Aber im Geschäftsleben darf man nicht traurig sein, auch nicht über das Auslaufen der Abwrackprämie", sagte Reinhard Zirpel, Vorstand Kommunikation bei Renault.

Auch die Statistiker sehen in der Umweltprämie einen Erfolg. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes legte der private Verbrauch im ersten Halbjahr dank dieser staatlichen Stütze um 0,1 Prozent zu, ohne sie wäre er um ein Prozent gesunken.

"Nun ist auch das Fass leer"

Die Autoindustrie und die Händler lobten die Maßnahme. "Für die Kfz-Branche war diese Förderungsmaßnahme das beste, was man sich nur vorstellen konnte", sagte der Präsident des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe, Robert Rademacher, dem Radiosender "MDR Info". Und Berthold Huber, Chef der Gewerkschaft IG Metall, meint: Die Umweltprämie ist das erfolgreichste Instrument der Konjunkturprogramme."

Doch nun sind in der Autoindustrie Jobs in Gefahr. "Wir können im Handel bis zu 6500 Betriebe verlieren", sagte Wolfgang Meinig vom Forschungsinstitut Automobilwirtschaft im "ARD-Morgenmagazin". Das wären rund 90.000 Arbeitsplätze.

Die von Deutschland eingeführte Prämie ist von zahlreichen Ländern kopiert worden und stabilisiert auch dort die Automobilkonjunktur.

Gelder auch in den USA aufgebraucht

In den USA sorgte das dort unter dem Namen "Cash for Clunkers" (Bargeld für Rostlauben) aufgelegte Programm dafür, dass der Pkw-Absatz im vergangenen Monat auf Jahressicht erstmals seit 21 Monaten zulegte. Allerdings sind auch in den USA die Gelder aufgebraucht.

Im August profitierten auf dem weltgrößten Automarkt vor allem asiatische Autobauer und der US-Konzern Ford von der Prämie von bis zu 4500 Dollar je Altwagen. Auch der Absatz von VW (plus 15,6 Prozent) wurde angeheizt.

Beim Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) dagegen brachen die Verkaufszahlen im ersten vollen Monat nach Abschluss der Blitz-Insolvenz um 17 Prozent ein.

Analysten machten eine verfehlte Modellpolitik des einstigen Weltmarktführers dafür verantwortlich, die immer noch auf große Wagen setze. Auch der von Fiat kontrollierte US-Autobauer Chrysler büßte deutlich ein (minus 12,2 Prozent) ebenso wie BMW (minus 18,3 Prozent) und die Daimler-Nobelmarke Mercedes-Benz (minus vier Prozent).

Was sagen Sie zur Abwrackprämie? War sie ein Fluch oder ein Segen? Hier können Sie ihre Meinung loswerden.

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