Mutterkonzern führt Verkaufsgespräche:Esso-Tankstellen for sale

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Das Tankstellengeschäft wird hierzulande von fünf Anbietern dominiert, jetzt könnte Bewegung in den Markt kommen: Der amerikanische Energiekonzern Exxon Mobil will seine Esso-Stationen offenbar für eine Milliarde Euro loswerden.

Silvia Liebrich

Exxon Mobil, der weltweit größte Ölkonzern, hat offenbar genug von Deutschland. Wie am Donnerstag bekannt wurde, wollen die Amerikaner ihr Esso-Tankstellennetz mit mehr als 1100 Stationen verkaufen. Ein Geschäft, das dem amerikanischen Energieunternehmen mehr als eine Milliarde Euro einbringen soll.

Die deutschen Esso-Tankstellen werden womöglich demnächst umgeflaggt: Der Mutterkonzern erwägt offenbar den Verkauf. (Foto: Frank May/dpa)

Die Verkaufsgespräche befänden sich noch in einem frühen Stadium, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. Sie berief sich dabei auf Personen, die mit den Verhandlungen vertraut sein sollen. Exxon Mobil spreche derzeit mit zwei oder drei Interessenten aus Russland oder Osteuropa. Eine endgültige Entscheidung über den Verkauf sei noch nicht gefallen, hieß es weiter. Eine Sprecherin von Exxon Mobil in Deutschland wollte sich zu dem Gerücht am Donnerstag nicht äußern.

Kommt der Verkauf zustande, könnte dies den deutschen Tankstellensektor kräftig durcheinanderwirbeln. Derzeit dominieren fünf Anbieter das Geschäft mit Benzin und Diesel. Das Bundeskartellamt versucht seit einigen Jahren, die oligopolartigen Strukturen aufzubrechen. Doch bislang ist es der Behörde nicht gelungen, für mehr Wettbewerb an den Zapfsäulen zu sorgen.

Durch einen Verkauf des Esso-Netzes könnte nun Bewegung in den Markt kommen. Exxon Mobil hält derzeit einen Marktanteil von 7,5 Prozent am Kraftstoffmarkt und ist damit die Nummer vier hinter Aral/BP (23,5 Prozent), Shell (20 Prozent) und Jet/Conoco Phillips (zehn Prozent). Die französische Total liegt gleichauf mit Esso. Ein Verkauf an einen der großen Wettbewerber gilt daher als ausgeschlossen. Das Kartellamt würde ein Veto einlegen.

Vor allem russischen Investoren wird ein großes Interesse am deutschen Mineralölmarkt nachgesagt. So ist der Ölkonzern Rosneft seit zwei Jahren am Raffineriebetreiber Ruhr Oel GmbH beteiligt und dort Partner des britischen BP-Konzerns. Die Russen hatten ihren Anteil von 50 Prozent von der venezolanischen PDVSA übernommen.

Dass Exxon-Mobil-Chef Rex Tillerson die deutsche Tochter abstoßen will, kommt für Brancheninsider nicht überraschend. In den vergangenen vier Jahren veräußerte er bereits ein Drittel der Tankstellen, die der Konzern weltweit betrieben hat. Stattdessen forciert er die lukrativere Ölförderung.

Verkauft wurden zuletzt vor allem die Netze in Ländern, in denen der Absatz von Benzin und Diesel sinkt oder nicht mehr wächst. Das trifft auch auf Deutschland zu, wo die Nachfrage seit Ende der neunziger Jahre zurückgeht. Die Stationen in Österreich, knapp 140, wechselten bereits 2010 den Besitzer. Sie werden nun von der italienischen ENI betrieben. Die deutsche Tochter Esso erzielte im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von 12,8 Milliarden Euro einen Gewinn von 856 Millionen Euro.

Das Tankstellengeschäft hierzulande gilt als mühsam und ertragsschwach, auch wenn sich Autofahrer von den Mineralölkonzernen häufig abgezockt fühlen. Die Ertragsmargen beim Verkauf von Benzin und Diesel seien im Schnitt mit einem Cent je Liter sehr gering, klagen die Betreiber immer wieder. Ordentlich verdient wird dagegen in den Tankshops mit Getränken, Snacks und Autozubehör. Deutliche Gewinnzuwächse im Tankstellengeschäft versprechen dagegen die Wachstumsmärkte in den Schwellenländern, wo immer mehr Autos zugelassen werden.

Hinweis: In einer früheren Fassung des Artikels stand im Teaser, dass mehr "Wettbewerb an der Zapfsäule" entstehen könnte. Im Text steht aber nur, dass womöglich Bewegung in den Markt kommt. Doch das führt nicht unbedingt zu mehr Wettbewerb. Der Teaser wurde entsprechend angepasst.

© SZ vom 07.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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