Musterprozess in Bonn:Luxemburger Fonds wirft Behörden Verzögerungstaktik vor

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Das Geschäft, das in Bonn verhandelt wird, lief so ab: Die Schweizer Privatbank Sarasin besorgte von Anlegern auch aus Deutschland 250 Millionen Euro für ein vermeintlich renditesicheres Investment. Sarasin wollte sich zu dem Vorgang auf Anfrage nicht äußern. Über einen Luxemburger Fonds wurde das Geld dem Vernehmen nach an sechs Pensionsfonds aus den USA weitergereicht. Die besorgten sich zusätzliche Mittel als Darlehen und handelten 2011 in Milliardenhöhe mit Aktien. Die Papiere wurden kurz vor der Ausschüttung der Dividenden gekauft und anschließend gleich wieder veräußert. Nach diesem "Dividenden-Stripping" beantragten die US-Pensionsfonds beim deutschen Fiskus die Erstattung von Kapitalertragsteuern.

Das Bundeszentralamt für Steuern in Bonn zögert aber seit zwei Jahren zu zahlen. Bei den beiden US-Fonds, die klagen, geht es um zusammen 106 Millionen Euro. Eine dritte Klage soll bereits unterwegs sein. Drei weitere US-Fonds sind betroffen. Insgesamt dürften mehrere hundert Millionen Euro strittig sein. Das Bundeszentralamt hat den Pensionsfonds schon vor knapp einem Jahr geschrieben, man müsse den Sachverhalt erst aufklären. Das sei schwierig und brauche viel Zeit.

Die US-Fonds wiederum wollen nicht länger warten. Nach Angaben des Luxemburger Fonds, der zwischen Sarasin und die US-Fonds geschaltet war, seien nachweislich Steuern entrichtet worden. Diese müssten erstattet werden. Alle gesetzlichen Voraussetzungen seien erfüllt und nachgewiesen. Es liege keine Steuerhinterziehung vor. Das Bundeszentralamt verzögere aber mit "ausschweifenden, unsachgemäßen Prüfungsfragen" die Auszahlung und verhalte sich somit rechtswidrig, sagt der Luxemburger Fonds-Manager.

Würde die Behörde die Steuererstattung ablehnen, könnten die US-Fonds versuchen, das Geld beim zuständigen Finanzgericht Köln einzuklagen. So aber müssen die US-Fonds einen Umweg gehen: Sie machen beim Landgericht in Bonn geltend, sie hätten die 106 Millionen Euro längst zurückbekommen müssen und mit dem Kapital Zinsen erwirtschaften können. Den Zinsschaden wollen sie ersetzt haben. So soll das Bundeszentralamt für Steuern gezwungen werden, endlich zu zahlen.

Mit solchen Geschäften befasste Steueranwälte sagen, sollten in einzelnen Fällen zu hohe Steuererstattungen beantragt und kassiert worden sein, dann unabsichtlich. Die Handelsketten beim "Dividenden-Stripping" seien so komplex gewesen, dass niemand mehr durchgeblickt habe. Was es mit den Geschäften der US-Fonds und anderen Aktiendeals auf sich hat, das muss nun die Justiz entscheiden.

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