Mode:Mit Luxusmode an die Börse

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Der Mytheresa-Laden in München: Hier wurden einst die Pakete gepackt, inzwischen hat die Onlinefirma 700 Mitarbeiter. (Foto: Hannes Magerstaedt/Getty Images)

Angefangen hat alles vor mehr als 30 Jahren mit einem kleinen Geschäft: Mytheresa ist eine der wenigen erfolgreichen Onlinefirmen in Deutschland und könnte jetzt ganz groß rauskommen.

Von Caspar Busse, München

Der Einsteinring im tristen Industrie- und Bürogebiet von Aschheim, am östlichen Stadtrand von München, ist kein gutes Pflaster, zumindest wirtschaftlich gesehen. Hier befand sich die Hauptverwaltung von Wirecard. Der insolvente Zahlungsdienstleister, der es einst bis in den Dax geschafft hatte, ist inzwischen einer der größten Skandalfälle der deutschen Wirtschaft, die Aufarbeitung hat gerade erst begonnen. Wenige Ecken weiter, bei Hausnummer 14, findet sich die Zentrale von Escada, die traditionsreiche Modefirma ist nach einem erneuten Besitzwechsel ebenfalls pleite und kämpft mit dem Aus. Auch die Firma in Hausnummer 10, der Autozulieferer Schlemmer, musste im Januar Insolvenz anmelden.

Aber jetzt kommt das Onlineunternehmen Mytheresa (Adresse: Einsteinring 9). Der Luxusmodehändler mit rund 700 Mitarbeitern will bald an die Börse in den USA, eine entsprechende Absichtserklärung sei eingereicht worden, teilte die Mutterfirma MYT Netherlands mit. Der genaue Zeitplan und weitere Details sind noch unklar, laut einem Bloomberg-Bericht von Anfang des Monats könnte die Firmenbewertung zum Börsenstart aber bei 1,0 bis 1,5 Milliarden Dollar liegen. Das ist durchaus hoch gegriffen, und Mytheresa wäre damit eines der ganz wenigen "Unicorns" mit Sitz in Deutschland, also ein junges und erfolgreiches Unternehmen, das mehr als eine Milliarde Dollar wert ist.

Die Firma profitiert von dem weltweiten Run auf den Onlinehandel

Mytheresa profitiert derzeit von der Corona-Pandemie und dem daraus folgenden weltweiten Run auf den Onlinehandel. Im Gegensatz etwa zu Zalando oder Amazon konzentriert sich Mytheresa auf den Verkauf von sehr teurer Luxusmode und hat mehr als 250 Designer im Programm, von Gucci, Saint Laurent, Prada und Burberry bis Valentino. Ursprünglich wurde nur Damenmode angeboten, im vergangenen Jahr wurde das Sortiment aber auch auf Männer- und Kinder-Produkte erweitert. Vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie reisten die Käufer von Luxusmode besonders gern, um vor Ort shoppen zu gehen. Inzwischen bestellen auch sie offenbar immer mehr im Internet.

Angefangen hat alles vor mehr als dreißig Jahren in der Münchner Innenstadt. Die Modehändler Susanne und Christoph Botschen eröffneten 1987 dort unter dem Namen "Theresa" einen Laden, 2006 starteten sie dann den Online-Shop unter Mytheresa.com, der dann schnell immer größer und internationaler wurde. Das Geschäft in München, aus dem einst die ersten Päckchen in die Post gingen, gibt es übrigens immer noch. Später stieg ein Finanzinvestor ein, 2014 dann wurde Mytheresa vom US-Einzelhandelskonzern Neiman Marcus gekauft. Das mehr als hundert Jahre alte Unternehmen, zu dem unter anderem das bekannte Luxuskaufhaus Bergdorf Goodman in Manhatten gehört, musste zwischenzeitlich Insolvenz anmelden und wird derzeit saniert. Schon länger wurde über eine Trennung oder einen Börsengang von Mytheresa spekuliert. Seit der Insolvenz der Mutterfirma gehört Mytheresa den Finanzinvestoren Ares Management und dem Canada Pension Plan Investment Board, die auch Anteilseigner von Neiman Marcus sind.

Mytheresa-Chef Michael Kliger hat bis 2015 bei Ebay gearbeitet. (Foto: Mytheresa)

Mytheresa arbeitet mit Gewinn, im Geschäftsjahr 2018/19 stieg der Umsatz deutlich auf 370 Millionen Euro. Das operative Ergebnis verbesserte sich sogar um fast die Hälfte auf 21,4 Millionen Euro. "Der Luxusmarkt hat sich online erst spät entwickelt", sagte im vergangenen Jahr Mytheresa-Chef Michael Kliger, der bis 2015 bei Ebay gearbeitet hat. Der Anteil des Onlinehandels im Luxusbereich liege deshalb erst bei nur zehn bis zwölf Prozent. Marktforschern zufolge werde sich dieser aber 2022 auf 20 bis 25 Prozent steigern, die Pandemie hat die Sache jetzt deutlich beschleunigt. Offenbar ist die Hoffnung, dass nun der Zeitpunkt für einen Börsengang gut ist. Der britische Mytheresa-Konkurrent Farfetch ist bereits an der Börse notiert. Erst kürzlich investierten der Schweizer Luxusgüterkonzern Richemont und Alibaba mehr als eine Milliarde Dollar in das Unternehmen. Gute Aussichten also, auch für den Einsteinring in Aschheim.

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