Mobilfunk:Zwischen den Stühlen

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Würden chinesische Anbieter vom 5G-Ausbau in Europa ausgeschlossen, würde das Peking verärgern. Lässt man sie aber, zieht man sich den Zorn von US-Präsident Trump zu.

Von Daniel Brössler und Cerstin Gammelin, Berlin

Die Willensbildung der Bundesregierung sei "noch nicht abgeschlossen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Es war der weitgehend erfolglose Versuch, die Debatte darüber zu beenden, ob sich auch chinesische Technologieanbieter um den Ausbau des deutschen 5G-Mobilfunknetzes bewerben dürften.

Die Entscheidung birgt einige Brisanz. Konkret geht es darum, ob und unter welchen Bedingungen der chinesische Netzwerkausrüster Huawei an den Ausschreibungen dafür zugelassen werden könnte. Geprüft wird, ob ein von der Bundesnetzagentur und dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik erstellter Sicherheitskatalog sowie Zertifizierungsregeln und ein No-Spy-Abkommen ausreichen, um die sensiblen Daten zu schützen, die über das 5G-Netz transportiert und verarbeitet werden sollen. Seibert bestätigte, dass die Minister der betroffenen Ressorts nach der Kabinettssitzung am Morgen darüber beraten hätten, "vertraulich und intern". Es sei darum gegangen, die Sicherheitsrisiken zu minimieren und eventuell "erforderliche Maßnahmen" zu ergreifen.

Die Kanzlerin will mit China auf Augenhöhe verhandeln

Die Entscheidung, ob und in welcher Art und Weise Telekomfirmen mit Huawei kooperieren können, soll kommende Woche der Koalitionsausschuss fällen. An dem Treffen werden die Spitzen der Koalition aus CDU, CSU und SPD teilnehmen. Sie streben an, noch vor der 5G-Auktion, die in der zweiten März-Hälfte stattfinden soll, eine verbindliche Entscheidung zu treffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuletzt erklärt, es müsse klargestellt sein, dass der chinesische Staat nicht einfach auf alle Daten zurückgreifen könne, die über chinesische Produkte gesammelt werden. Während eines Besuchs in Japan hatte sie Sicherheiten von der chinesischen Regierung verlangt und gefordert, es müsse Gespräche mit Peking geben.

In Tokio wurde deutlich, wie sehr Merkel den Einsatz der chinesischen Mobilfunktechnologie ein Deutschland als Teil eines grundsätzlichen Problems sieht. Japan ist einerseits wirtschaftlich stark engagiert beim großen Nachbarn, fühlt sich aber durch dessen wachsenden Machtanspruch zugleich auch bedroht. Ein Gefühl, für das Merkel Verständnis hat. Als sie am Dienstag bei einer Diskussion mit Studenten der Keio-Universiät nach dem richtigen Umgang mit China gefragt wurde, holte sie entsprechend weit aus.

Chinas Selbstverständnis sei, "dass China eigentlich immer das wichtigste Land auf der Welt war außer in den letzten 200 Jahren", sagte sie. Was vom Westen als Aufstieg Chinas wahrgenommen werde, sähen die Chinesen selbst eher als Rückkehr an ihren "angestammten Platz". Das habe Folgen: "Sie wollen, dass möglichst viele Länder der Erde mit ihnen in Verbindung stehen, sicherlich auch mit der Meinung, dass die treibende Kraft dieser Verbindung dann immer China ist."

Von europäischer Seite versuche man wiederum, "deutlich zu machen, dass wir in dieser Beziehung eine gewisse Reziprozität brauchen, dass wir also auf Augenhöhe mit ihnen arbeiten wollen". Aus Merkels Sicht geht es im Umgang mit der Volksrepublik also um europäische Selbstbehauptung - und das durchaus auch, wenn über einen wichtigen Auftrag wie den zum 5G-Netzausbau in Deutschland entschieden wird. Da müsse man Sorge tragen, "dass nicht der chinesische Staat auf alle Daten aller chinesischen Produkte zugreifen kann".

Der Stand von Huawei auf der Cebit 2016: Um Cybersicherheit geht es auch bei der Diskussion um die Beteiligung von Huawei am 5G-Ausbau. (Foto: Ole Spata/dpa)

Der Cheflobbyist der deutschen Wirtschaft, BDI-Präsident Dieter Kempf, warnte davor, chinesische Firmen bei den Ausschreibungen von vornherein auszuschließen. "Davon halte ich nichts", sagte Kempf in Berlin. Er fürchtet, China könnte dann versucht sein, deutsche Firmen an anderer Stelle auszubooten. Zudem würde es deutlich weniger Wettbewerber in der Ausschreibung um die Lizenzen geben. "Das könnte Auswirkungen auf den Preis haben", sagte Kempf. Zugleich räumte er ein, dass neben den ökonomischen Folgen auch die politisch-strategischen zu beachten seien. Der BDI-Chef nannte sie "viel wichtiger".

Kempf spielte damit auf den amerikanisch-chinesischen Handelskrieg an. Beide Staaten liefern sich derzeit einen heftigen Schlagabtausch, in dem es auch darum geht, die Spitzenstellung in der Welt zu behaupten. Für deutsche Unternehmen sind beide Staaten wichtige Handelspartner. Es wächst deshalb die Sorge, zwischen die beiden mächtigsten Volkswirtschaften zu geraten. Berlin will nicht riskieren, dass die US-Administration weitere Zölle verhängt - aber auch nicht, China zu verprellen.

Huawei gehört zu den größten Anbietern der 5G-Mobilfunktechnik, die unter anderem schnellere Datenübertragungsraten bringt. Deutschland will zu einem Leitmarkt für die Technologie werden.

© SZ vom 07.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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