Mobilfunk:Wer hat Angst vor Huawei?

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Die USA bedrängen Großbritannien, den Konzern beim 5G-Netz auszuschließen.

Von Alexander Mühlauer, London

Das Unternehmen Huawei steht bereits auf einer schwarzen Liste der US-Regierung – nun kommen weitere Sanktionen hinzu. (Foto: Tolga Akmen/AFP)

Eine der letzten Warnungen kam über Twitter. Großbritannien stehe vor einer "bedeutsamen Entscheidung", schrieb Mike Pompeo am Sonntagabend. Der US-Außenminister musste seine Worte nicht weiter groß erklären, schließlich hatte Donald Trump bereits am Freitag in einem Telefonat mit Boris Johnson deutlich gemacht, worum es hier geht. Aus Sicht der USA muss der britische Premierminister an diesem Dienstag zeigen, ob er auf der Seite Washingtons steht. Oder ob er alle Warnungen von US-Seite ignoriert und dem chinesischen Telekommunikationskonzern Huawei erlaubt, sich beim Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes in Großbritannien zu beteiligen.

Sollte es dazu kommen, muss sich Johnson auf heftigen Gegenwind aus Washington gefasst machen. Trump hatte im Vorfeld der Entscheidung damit gedroht, den Austausch von Geheimdienstdaten mit London zu beschränken. Der Alarmismus hat einen klaren Grund: Die USA sehen in Huawei nicht weniger als den verlängerten Arm der chinesischen Regierung. Und damit die Gefahr, dass der Konzern bei der Errichtung des Mobilfunknetzes Spionage betreiben könnte. Das wiederum hält der britische Geheimdienst GCHQ für übertrieben. Etwaige Sicherheitsrisiken seien beherrschbar, solange es für Huawei klare Auflagen gebe, hieß es aus Behördenkreisen in London.

Wie es aussieht, dürfte Johnson dem chinesischen Konzern einen beschränkten Marktzugang gewähren. Das ließen Regierungsvertreter vor der entscheidenden Sitzung des Nationalen Sicherheitsrates an diesem Dienstag durchblicken. Demnach soll es beim Aufbau des 5G-Netzes Auflagen geben, die nicht nur für Huawei gelten, sondern für alle Telekommunikationsunternehmen. London will auf keinen Fall den Eindruck erwecken, es handele sich hier um eine Lex Huawei. In Wahrheit ist es aber genau das: Es soll künftig einen Marktanteil geben, den ein Unternehmen beim 5G-Ausbau in Großbritannien nicht überschreiten darf. All jene Betreiber, die derzeit am Aufbau des Netzes arbeiten, müssen also auch auf die Ausrüstung anderer Firmen wie etwa Ericsson, Nokia oder Samsung zurückgreifen.

Im Gespräch ist außerdem, dass von Huawei lediglich Antennen und sogenannte Basisstationen für Mobilfunkmasten in Großbritannien installiert werden dürfen. Anders als Server, über die sensible Kundendaten laufen, gelten diese Produkte unter Sicherheitsexperten als eher unbedenklich. Die britischen Mobilfunkbetreiber pochen schon seit Monaten darauf, dass die Regierung endlich klare Vorgaben gibt, inwieweit sie Mobilfunkausrüstungen von Huawei verwenden dürfen. Der Financial Times zufolge soll der Nationale Sicherheitsrat am Dienstag eine klare Wahl treffen: Entweder gibt es ein von Trump gefordertes Totalverbot oder einen beschränkten Marktzugang mit einem teilweisen Verbot von sicherheitsrelevanten Produkten wie etwa Servern.

Sollte Johnson einen Weg wählen, den Trump missbilligt, würde er damit nicht nur die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit den USA gefährden. Die Entscheidung im Fall Huawei dürfte auch Auswirkungen auf den avisierten Freihandelsvertrag zwischen London und Washington haben. Trump hatte Johnson zwar schon mehrfach einen "großartigen Deal" in Aussicht gestellt, aber wie grandios dieser tatsächlich wird, ist völlig offen. Neben Huawei gibt es zudem noch einen weiteren Plan, der Trump ein Dorn im Auge ist: Großbritannien will im Frühjahr eine Digitalsteuer einführen, die vor allem große US-Konzerne wie Google, Amazon und Facebook treffen würde. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos machte jedenfalls US-Finanzminister Steve Mnuchin keinen Hehl daraus, dass er die britischen Überlegungen für einen Affront hält.

Am Sonntag war der Amerikaner zu Besuch bei seinem britischen Amtskollegen Sajid Javid. Dem Vernehmen nach warnte er ihn sowohl in Sachen Huawei als auch in punkto Digitalsteuer davor, die US-Bedenken zu ignorieren. Viel mehr drang zunächst nicht nach außen. Schatzkanzler Javid versuchte lieber auf seine Art, von einem drohenden Zerwürfnis mit den USA abzulenken. Er präsentierte am Sonntag eine 50-Penny-Münze zum Gedenken an den Brexit. Darauf steht: "Frieden, Wohlstand und Freundschaft mit allen Nationen". Diese Münze markiere den Beginn eines neues Kapitels, sagte Javid. Wie dieses genau aussieht, wird sich zeigen. Am Mittwoch wird jedenfalls US-Außenminister Pompeo in London erwartet.

© SZ vom 28.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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