Mobile Zahlungssysteme:Das Handy als Geldbörse

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Lange herbeigeredet, kaum genutzt: Noch ist das mobile Bezahlen per Handy wenig verbreitet - 2011 könnte eine neue Smartphone-Generation dies ändern.

Thorsten Riedl

Die junge Frau steigt pfeifend in den Bus, spielt mit ihrem Handy. Den Gang zum Fahrkartenautomaten im Gefährt scheint sie nicht nötig zu haben. Und trotzdem: Es handelt sich um keine Schwarzfahrerin. Denn das Mobiltelefon der Reisenden ist mit der neuesten Technik ausgestattet.

Vom Spielzeug zum Bezahlwerkzeug: Handys könnten mittelfristig die Kreditkarte ersetzen. (Foto: AFP)

Chips, wie sie einen in ihrem Handy hat, speichern Guthaben; werden sie kurz vor ein Lesegerät gehalten, reicht das zum Abbuchen, beispielsweise für ein Busticket. Technisch ist das schon lange möglich. Im neuen Jahr wollen nun eine Vielzahl von Handyherstellern die nötigen Chips in ihre Geräte einbauen. Die Mobilfunkfirmen versprechen sich davon neue Einnahmen. Dem mobilen Zahlen könnte dann der Durchbruch gelingen.

Das Marktforschungsinstitut Gartner hat ermittelt, dass im laufenden Jahr die Zahl der Nutzer von mobilen Zahlsystemen schon um 55 Prozent gestiegen ist. Klingt beeindruckend, allerdings nutzen damit gerade mal etwas mehr als 100 Millionen Menschen ihr Mobiltelefon als Geldbörse - und das weltweit, mit Schwerpunkt in Entwicklungs- und Schwellenländern, also dort, wo die nächste Bankfiliale gut und gerne Dutzende Kilometer entfernt liegt.

Ein Viertel der Kunden von M-Payment - so der Fachbegriff für das Verfahren - lebt in Afrika und dem Nahen Osten. Den größten Anteil hat mit 60 Prozent Asien. Dort haben viele Handys solche Funktionen schon ab Werk eingebaut. In den Vereinigten Staaten und in Europa dagegen leben nicht einmal zehn Prozent der weltweiten M-Payment-Kunden, die mit dem Handy zahlen.

Das soll sich 2011 ändern. Eine breite Allianz von Firmen macht sich bereit, um die Kunden davon zu überzeugen, dass sie ihre EC- oder Kreditkarte in der Tasche lassen, das Bargeld sowieso, und lieber ihr Handy zücken, wenn es um das Bezahlen beim Bäcker, am Park- oder Fahrscheinautomaten geht.

Die Nahfeldchip-Revolution

Ein riesiger Markt lockt: Laut einer Studie der Marktforscher von Nielsen zahlen die Amerikaner jährlich mehr als 60 Milliarden Dollar mit Plastikkarte. In Deutschland prognostizieren die Berater von Arthur D. Little in nur drei Jahren ein Marktpotential von mehr als sieben Milliarden Euro für Zahlungen mit dem Mobiltelefon.

Viele wittern ihr Geschäft. Große Mobiltelefonhersteller werden im kommenden Jahr ihre Geräte standardmäßig mit den sogenannten NFC-Chips ausstatten. NFC steht für Near Field Communication, also die Datenübertragung auf kurze Distanz. Bei Nokia sollen alle teureren Telefone künftig damit in den Handel kommen, Blackberry-Hersteller Research in Motion (RIM) hat Ähnliches angekündigt.

Bei Apple halten sich hartnäckig die Gerüchte, dass das iPhone 5 - das für den Sommer erwartet wird - die Technologie eingebaut hat. Und vor wenigen Wochen saß Google-Chef Eric Schmidt auf der Bühne und demonstrierte, wie einfach es künftig sein wird, mit einem Google-Handy samt NFC-Chip zu zahlen. Das neue Flaggschiff des Konzerns namens Nexus S kommt auch mit dem Chip auf den Markt. "Das könnte möglicherweise einmal eure Kreditkarte ersetzen", sagte er.

Auslaufmodell Kreditkarte?

Nachdem die Mobilfunkgesellschaften das Geschäft mit Werbung im mobilen Internet schon kampflos Webkonzernen wie Google oder Facebook überlassen haben, planen sie bei der neuen Einnahmequelle nun Allianzen.

In den USA taten sich gerade erst die größten Mobilfunkanbieter zusammen und wollen einen Handy-Bezahldienst anbieten. Online-Bezahldienstleister wie Paypal oder Click & Buy hoffen ebenfalls, ein Stück vom Kuchen abzubekommen.

Die Kreditkartenunternehmen sehen die Gefahr. Zeitgleich mit den Mobilfunkfirmen stellte Visa in den USA eine Kooperation mit einer Bank vor, um Wege des mobilen Zahlens zu testen. Auch der weltweit größte Plastikgeldanbieter nutzt für den Feldversuch Handy-Chips.

Lesen Sie hierzu Berichte in der Süddeutschen Zeitung.

© SZ vom 29.12.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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