Miss Moneypenny Technologies:Die Erfinderin

Lesezeit: 2 min

"Da wo andere Grenzen sehen, fängt für mich der Spaß erst an", sagt Anna Bojić. (Foto: Miss Moneypenny)

Anna Bojić ist Künstlerin. Und Co-Gründerin des Berliner Start-ups Miss Moneypenny Technologies. Das baut Anwendungen für Autobauer, Kommunikationsfirmen und Versicherer. Einen Widerspruch zwischen Kunst und Technologieentwicklung sieht Bojić nicht.

Von Kaja Adchayan, Köln

Versicherer und Kunst sind unzertrennlich: Die Gesellschaften versichern hochpreisige Werke, viele besitzen wertvolle Kunst als Kapitalanlage, manche fördern Ausstellungen. Sehr selten dagegen ist, dass eine studierte, aktive Künstlerin mit einer Softwareanwendung in dieser Branche punktet. Die Berliner Bildhauerin und Filmwissenschaftlerin Anna Bojić meistert den Spagat. Zwei Firmen hat die 40-Jährige gegründet: 2011 den Online-Geschenkedienst Merisier und 2014 - zusammen mit Marc Lampe und Vinh Hoi Le Chau - das Tech-Unternehmen Miss Moneypenny Technologies (MMP).

Der Firmenname spielt auf die Problemlöserin "Miss Moneypenny" aus den James-Bond-Filmen an. Ähnlich wie sie arbeitet das Start-up im Hintergrund: Es entwickelt digitale Pässe, Tokens genannt, die in einer App auf dem Smartphone abgespeichert werden. Bei Apple ist das die Wallet-App, bei Android Google Pay.

SZ PlusGründerszene
:"Wir müssen bunter werden"

Natalya Nepomnyashcha kommt 2001 nach Deutschland, wächst mit Hartz IV auf und kämpft sich nach oben. Heute setzt sie sich mit ihrem Start-up für junge Menschen aus ärmeren Verhältnissen ein.

Von Sara Maria Behbehani

Die meisten kennen die Apps als Mittel zur kontaktlosen Bezahlung. Kredit- oder Girokarten können mit wenigen Klicks auf dem Smartphone hinterlegt werden. Dasselbe gilt für Veranstaltungs- und Flugtickets. MMP nutzt die Passtechnologie als Medium für digitale Visitenkarten, Flyer, Umfragen sowie Vorgangs-, Service- und Event-Tickets. Autobauer und Telekommunikationsanbieter nutzen die Software - darunter Audi, BMW, Porsche, Telefónica und Vodafone.

Jetzt will MMP auch bei Versicherern Fuß fassen. Bojić sieht viel ungenutztes Potenzial. "Versicherer haben nach Vertragsabschluss meist nur Kontaktpunkte, die negativ aufgeladen sind", sagt Bojić. Der Kunde tritt erst wieder mit dem Versicherer in Kontakt, wenn es ein Problem oder einen Schaden gibt. Das seien emotionale Situationen, die die Gesellschaften noch nicht zu ihren Gunsten nutzen, findet sie. "Deshalb reizt uns diese Branche so sehr."

Die R+V aus Wiesbaden konnte MMP schon überzeugen. Sie nutzt die von MMP entwickelte digitale Versichertenkarte in der Kfz-Versicherung. In dem Token, das auf dem Handy hinterlegt ist, findet der Kunde alle wichtigen Daten zum Vertrag sowie Ansprechpartner. Im Schadenservice kann der Versicherer den Pass nutzen, um den Kunden via Push-Benachrichtigung über Entwicklungen zu informieren. "Der Versicherte besitzt einen Liveticker und muss nicht auf einen Brief oder eine Mail vom Versicherer warten", erklärt Bojić. Die Rheinland in Neuss verwendet das Umfrage-Token von MMP. Versicherte können sich den Pass herunterladen und an regelmäßigen Umfragen teilnehmen. Als Dankeschön dürfen sie sich ein Geschenk bei Merisier aussuchen.

Dass sie irgendwann einmal Ideen und Software für Autokonzerne und Versicherer liefern wird, hat Bojić nach dem Studium der Kunst- und Kulturwissenschaften kaum erwartet. An mangelndem Interesse lag es nicht: Um ihren technischen Horizont zu erweitern, verbrachte sie ein Jahr an der Carnegie Mellon in Pennsylvania. "Diese Uni hat mich gereizt, weil sie unglaublich stark in Robotics ist." Die Mischung aus Kunst, Technik und Film zeigt sich auch in ihren Werken. "In meiner Kunst geht es einerseits um Storytelling und andererseits immer auch um Daten und Versuchsanordnungen."

Ihre Leidenschaften widersprechen sich nicht, glaubt Bojić. Im Gegenteil: Forschung, Softwareentwicklung und künstlerisches Schaffen beruhen auf einer ähnlichen Haltung. "Künstler sind Erfinder." Deshalb will sie auch weiter nach innovativen Lösungen suchen. "Da wo andere Grenzen sehen, fängt für mich der Spaß erst an."

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: