Milliardenrücklagen der Krankenkassen:FDP-Gesundheitsminister rechnet Praxisgebühr durch

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Die Fraktion der Liberalen denkt laut darüber nach, die Praxisgebühr abzuschaffen. Sie rechtfertigt dies mit den Milliardenüberschüssen der Krankenkassen. Doch Kanzlerin und Union sind nicht überzeugt von dem Vorhaben.

Nico Fried und Thomas Öchsner, Berlin

Die Union lehnt die Überlegungen der FDP, die Praxisgebühr abzuschaffen, ab. Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jens Spahn, sagte der Süddeutschen Zeitung: "Von einer ersatzlosen Streichung halte ich gar nichts." Dies sei auch nicht im Koalitionsvertrag vereinbart worden.

Die Bild-Zeitung hatte zuvor berichtet, Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) lasse die Abschaffung der Praxisgebühr in der jetzigen Form prüfen. Das Ministerium berechne derzeit, was das kosten würde. Die rot-grüne Regierung hatte die Praxisgebühr in Höhe von zehn Euro im Jahr 2004 eingeführt.

Das Gesundheitsministerium äußerte sich zurückhaltend: "Aus den Fraktionen sind verschiedene Vorschläge zur Praxisgebühr in der Welt. Da ist es ein ganz normaler Vorgang, dass ein Ministerium sich mit den finanziellen Folgen befasst", sagte eine Sprecherin. Zuletzt hätten die Kassen durch die Praxisgebühr etwa zwei Milliarden Euro pro Jahr eingenommen.

Auch in der Umgebung von Bundeskanzlerin Angela Merkel wurden dem Vorstoß, die Gebühr abzuschaffen, wenig Chancen eingeräumt. Hintergrund der Berichte ist eine Diskussion im FDP-Präsidium am vergangenen Montag. Darin ging es ganz allgemein um die hohen Überschüsse der Krankenkassen, die im vergangenen Jahr etwa vier Milliarden Euro betragen hatten.

Der, wie es hieß, "erkennbare Unwillen" der Kassen, einen Teil der Überschüsse in Form von Prämien an die Versicherten auszubezahlen, habe dann auch zu der Überlegung geführt, die Praxisgebühr abzuschaffen. Man sei sich dann darin einig gewesen, dies zu prüfen, habe den Gesundheitsminister aber nicht in diese Richtung gedrängt.

In der FDP-Fraktion ist der Wille, die Gebühr abzuschaffen, offenbar ausgeprägter als in der Parteispitze. "Wir schlagen vor, dass man diese Gelegenheit nutzt, um die Praxisgebühr abzuschaffen oder zumindest auszusetzen", sagte der Gesundheitspolitiker Heinz Lanfermann der Rheinischen Post. Die FDP solle dies beim nächsten Koalitionstreffen mit der Union beraten.

CDU-Vertreter Spahn bezeichnete die Gebühr aber als ein "eingeführtes Steuerungsinstrument im Gesundheitswesen". Die Union sei bereit, daran etwas zu ändern, wenn dies "zu einer bürokratieärmeren Lösung führt". Bisher habe er dafür "noch keine Vorschläge gehört". Die Praxisgebühr sollte dazu beitragen, die Zahl der unnötigen Arztbesuche zu verringern.

© SZ vom 09.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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