Metro-Chef Cordes:Verhinderer vom Dienst

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Umtriebiger Briefeschreiber: Metro-Chef Eckhard Cordes zieht alle Strippen, um staatliche Hilfen für den angeschlagenen Konkurrenten Arcandor zu verhindern.

Stefan Weber

Im Herbst 2007 musste Eckhard Cordes Platz schaffen in seinem Terminkalender. Auf Wunsch der Eigentümerfamilie sollte er zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Chef der Duisburger Haniel-Gruppe die Führung der Konzerntochter Metro übernehmen. Bei zwei so hochkarätigen Jobs blieb keine Zeit für Mandate in irgendwelchen Aufsichtsräten oder anderen Gremien. Also gab Cordes alle Nebentätigkeiten auf. Fast alle. Das eine Amt, das er nach wie vor ausübt, wird ihm in dem Gezerre um die Zukunft des schwer angeschlagenen Mitbewerbers Arcandor ohne Zweifel von Nutzen sein: Cordes ist Vizepräsident des Wirtschaftsrats der CDU.

Eckhard Cordes zieht im Hintergrund die Fäden, weil er Staatshilfen für den Mitbewerber Arcandor verhindern möchte. (Foto: Foto: dpa)

Diese Tätigkeit bietet eine prächtige Plattform, um in der Politik Netzwerke zu knüpfen. Das ist derzeit besonders wichtig, denn die Entscheidung, wie es beim Handels- und Touristikkonzern Arcandor und dessen Kaufhaus-Tochter Karstadt weitergeht, wird in Berlin getroffen. Das Essener Unternehmen bemüht sich um Kreditbürgschaften in Höhe von 650 Millionen Euro und braucht obendrein ein Darlehen der staatseigenen KfW-Bank. Anderenfalls, das hat Arcandor-Vorstandschef Karl-Gerhard Eick klar formuliert, steht das Unternehmen vor der Insolvenz.

Natürlich kann es Cordes nicht kalt lassen, wenn ein Konkurrent staatliche Hilfen bekommt. Zumal umstritten ist, ob dem Konzern die Hilfe auch zusteht, weil er infolge der Finanz- und Wirtschaftskrise in existentielle Nöte geraten ist.

Metro als Retter

So spielt der Metro-Chef die Trümpfe aus, die er in der Hand hält. Er schreibt Briefe an Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und an Jürgen Rütgers (CDU), den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten. Darin geißelt er die Staatshilfe und bringt die Metro, den größten deutschen Handelskonzern, als Retter ins Spiel. Sein Vorschlag: Kaufhof und Karstadt sollten unter Beteiligung der kreditgebenden Banken sowie der Eigentümer an den Karstadt-Immobilien eine Art Warenhaus AG bilden.

Am Mittwoch vergangener Woche, auf der Hauptversammlung von Metro, hatte Cordes diesen schon vor Wochen gefassten Plan noch unter der Decke halten wollen. Denn als Aktionärsvertreter wissen wollten, wie es um ein Bündnis von Kaufhof und Karstadt bestellt sei, antwortete er: "Wir haben keine Pläne, die Karstadt Warenhaus AG zu kaufen."

Zugleich verbreitete jedoch ein Konzernsprecher am Rande des Aktionärstreffens, man habe der Politik Interesse signalisiert, an einer Lösung der Probleme bei Karstadt mitzuwirken.

Wörtlich genommen stand das nicht einmal im Widerspruch zu der Aussage von Cordes. Denn an einem Kauf von Karstadt hat Metro tatsächlich kein Interesse. Der größte deutsche Handelskonzern möchte den Mitbewerber unter ein gemeinsames Dach bringen, ohne dass in nennenswertem Umfang Geld fließt. Denn viel wert ist Karstadt nach Darstellung der Kaufhof-Eigentümer nicht: Die Warenhäuser erwirtschaften Verluste und die Immobilien sind ohnehin verkauft. Argumente der Gegenseite, dass bei einem solchem Szenario Dutzende Häuser geschlossen würden und zehntausende Arbeitsplätze bedroht seien, wird Cordes nicht bestreiten. Aber er kann darauf verweisen, dass sich für den einen oder anderen Warenhaus-Standort möglicherweise ein Nutzer aus der Konzernfamilie finden lässt - beispielsweise Media Saturn.

Niemand will drei Milliarden Euro zahlen

Ganz gleich, welche ordnungspolitischen Gründe Cordes anführt: Die Not des Konkurrenten bietet ihm eine willkommene Gelegenheit, die Metro-Tochter Kaufhof mit ausgesuchten Häusern aus dem Karstadt-Reich aufzuhübschen - und später mit hohem Aufschlag zu veräußern. In einem anderen wirtschaftlichen Umfeld hätte Metro sich längst von Kaufhof getrennt, denn Warenhäuser zählen nicht mehr zum Kerngeschäft des stark international ausgerichteten Konzerns. Aber derzeit ist niemand bereit, den von Metro aufgerufenen Preis von angeblich drei Milliarden Euro zu bezahlen.

Die Börse würde einem gelungenen Kaufhaus-Deal gewiss applaudieren. Und darauf vor allem kommt es Cordes an. Er hat bei Metro den dringenden Auftrag, Wert zu schaffen. Die Haniel-Familie hat vor knapp zwei Jahren mehr als 60 Euro pro Aktie bezahlt, um bei Metro das Sagen zu haben. Das soll sich für sie auszahlen. Bisher war das nicht der Fall. Der Kurs sackte zwischenzeitlich sogar auf 17 Euro ab. Inzwischen kostet das Papier zwar wieder 34 Euro, aber es bleibt noch viel aufzuholen.

Bei der großen öffentlichen Aufmerksamkeit für die Zukunft der Warenhäuser gerät leicht aus dem Blick, dass sich die Zukunft von Metro nicht mit dem Kaufhof entscheidet. Die Warenhaustochter steuert mit 3,5 Milliarden Euro lediglich gut fünf Prozent zum Konzernumsatz bei. Die wichtigen Baustellen im Unternehmen sind andere: die Sanierung des Cash & Carry-Geschäfts in Deutschland beispielsweise. Oder die Gesundung der SB-Warenhauskette Real. Hier muss Cordes möglichst rasch Erfolge präsentieren. Dass sich dabei nicht gleichzeitig auch noch der Haniel-Konzern führen lässt, hat der 58-Jährige inzwischen eingesehen. Seit längerem wird deshalb in Duisburg ein Nachfolger für ihn gesucht. Aber noch muss Cordes mit der Doppelbelastung zurecht kommen.

© SZ vom 20.05.2009/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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