Medien:Ein Jahr im Schwarm - «Krautreporter» mit 18 000 Abonnenten

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Berlin (dpa) - Vor einem Jahr sammelte das Online-Magazin "Krautreporter" vor dem Start knapp eine Million Euro - über sogenanntes Crowdfunding, bei dem Mitglieder das Geld vorstreckten.

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Berlin (dpa) - Vor einem Jahr sammelte das Online-Magazin „Krautreporter“ vor dem Start knapp eine Million Euro - über sogenanntes Crowdfunding, bei dem Mitglieder das Geld vorstreckten.

Inzwischen hat die werbefreie Plattform 18 000 zahlende Abonnenten. „Wir haben gezeigt, dass nicht nur einzelne Geschichten, sondern auch ganze journalistische Angebote durch diese Form der Finanzierung möglich sind“, sagte Chefredakteur Alexander von Streit.

Nachdem „Krautreporter“ am 13. Juni 2014 das Startkapital zusammen hatte, ging das Angebot im Oktober online. Mit der ersten Million, die 15 000 Geldgeber beisteuerten, war das Projekt zunächst für ein Jahr sicher. Inzwischen sind 3000 weitere Mitglieder hinzugekommen. Nun will „Krautreporter“ eine Genossenschaft als „festeres Fundament“ für das Projekt gründen. Außerdem startet das Magazin demnächst einen neuen Abo-Aufruf.

Hinter „Krautreporter“ stehen rund 30 Journalisten, darunter der Medienkritiker Stefan Niggemeier, der Fernsehjournalist Richard Gutjahr und der Blogger Thomas Wiegold. In der Redaktion arbeiten sechs feste Mitarbeiter, dazu kommen zwei Dutzend Stammautoren. „Krautreporter“ verzichtet auf Werbung, das Magazin hat aber keine Bezahlschranke. Mitglieder, die mindestens fünf Euro im Monat zahlen, haben Vorteile, etwa Treffen mit Autoren oder Zugang zu Artikeln im E-Book-Format.

Noch nie hatte ein Medienprojekt in Deutschland nach dem Prinzip der Schwarmfinanzierung (crowdfunding) soviel Geld zusammengebracht wie „Krautreporter“. Doch nach der anfänglichen Begeisterung gibt es inzwischen auch inhaltliche Kritik. Von fehlender Relevanz und einer beliebigen Mischung aus Linksammlungen, Presseschauen und Reportagen ist da die Rede. Die Bloggerin Meike Lobo (Frau Meike) schrieb vom „Recyclinghof Krautreporter.“

„Wir verstehen Relevanz nicht so, dass wir mit der „Tagesschau“ oder Tageszeitungen in Konkurrenz treten, sagt Chefredakteur von Streit. „Wir wollen Hintergründe erklären, Geschichten erzählen, die in anderen Medien keinen Platz finden und Standpunkte vertreten, die in der öffentlichen Diskussion zu kurz kommen.“ Deswegen reagiere „Krautreporter“ häufig mit Zeitverzögerung auf aktuelle Ereignisse. Kritik habe Krautreporter ohnehin seit dem Start begleitet. Man habe gelernt, „Lautstärke nicht mit Argumenten zu verwechseln.“

Auch andere Medienprojekte in Deutschland setzen inzwischen auf Crowdfunding, etwa die Plattform Correctiv und „Deine Korrespondentin“. Doch anders als „Krautreporter“ sammeln sie für einzelne Investigativ-Beiträge Geld. In Frankreich hat das vom einstigen „Le Monde“-Chefredakteur Edwy Plenel 2008 gegründete Portal „Mediapart“ mehr als 112 000 zahlende Nutzer und veröffentlichte bereits zahlreiche exklusive Storys.

Für die Journalistin und Auslandskorrespondentin Pauline Tillmann, die hinter dem Projekt „Deine Korrespondentin“ steht, kommt der Trend aus den USA. Dort gründen immer mehr Journalisten eigene Start-ups. In Deutschland seien der „Unternehmerjournalismus“ und Crowdfunding-Initiativen auch eine Folge des Stellenabbaus in der Branche.

Nachdem sich „Krautreporter“ zunächst als Gegenpol zum werbefinanzierten (und oft kostenfreien) „Click-Journalismus“ präsentierte, dämpfen die Macher die Erwartungen. Das Online-Magazin sei keine Blaupause für das künftige Geschäftsmodell des Journalismus. „Wir sind nur ein Teil im Puzzle“, sagt Chefredakteur von Streit.

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