Medien:«Bornholmer Straße»: Die letzten Stunden der DDR

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Wanzleben (dpa) - "Macht das Tor auf, macht das Tor auf", brüllt die wütende Menge. Die Menschen recken die Fäuste in die Luft. Zornig rütteln sie am Zaun, der von Stacheldraht gehalten wird.

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Wanzleben (dpa) - „Macht das Tor auf, macht das Tor auf“, brüllt die wütende Menge. Die Menschen recken die Fäuste in die Luft. Zornig rütteln sie am Zaun, der von Stacheldraht gehalten wird.

Dicht gedrängt stehen sie vor einem rot-weißen Schlagbaum. Sie blicken in die Augen von vier wie versteinerten Grenzsoldaten. Im Grenzhäuschen wird panisch telefoniert. Als der Mob „Wir kommen wieder, wir kommen wieder“ anstimmt, scheint die Situation zu eskalieren.

Eine wahre Szene vom 9. November 1989 am Berliner Grenzübergang Bornholmer Straße. Für den gleichnamigen Film ist sie jetzt noch einmal Wirklichkeit geworden. Der Film „Bornholmer Straße“ soll im November 2014 anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des Mauerfalls in der ARD ausgestrahlt werden.

Regisseur Christian Schwochow (Der Turm) dreht in Wanzleben bei Magdeburg. Auch die Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn an der ehemaligen innerdeutschen Grenze wird zur Kulisse für „Bornholmer Straße“. Ende Oktober sollen die Szenen der drei Millionen Euro teuren Ufa Fiction-Produktion im Kasten sein. Gearbeitet wird nur nachts und mit mehr als 1500 Komparsen.

Schwochow will die letzten Stunden der DDR in eine Tragikomödie packen. Das Drehbuch schrieb das Leben. Es ist das Abbild eines Stückes Weltgeschichte in der Biografie von Oberstleutnant Harald Jäger. Der heute 70-Jährige öffnete kurz vor Mitternacht am 9. November 1989 eigenmächtig den Grenzübergang Bornholmer Straße. Es war der erste Übergang entlang der Mauer, durch den Menschen von Ost- nach West-Berlin strömten. „Das ist ein Moment deutscher Geschichte, den wir ganz intensiv erzählen“, sagt Produzent Nico Hofmann (Unsere Mütter, unsere Väter).

Er ist keine schwere Kost, sondern vielmehr ein Balanceakt zwischen Komik und Dramatik. Jäger, der im Film Harald Schäfer heißt, wird gespielt von Charly Hübner (Polizeiruf 110). Der Hüne trägt eine olivgrüne Uniform und hat die dunklen Haare mit viel Pomade zu einem Seitenscheitel drapiert. Schäfer wirkt fahrig. Er reißt die großen Augen ein bisschen zu oft zu weit auf. Ein braver Befehlsempfänger, dem ausgerechnet in den letzten Stunden der DDR niemand sagt, was er machen soll.

Hübner ist Jäger vor Beginn der Dreharbeiten begegnet. „Diese DDR-Generation hat ihren ganz eigenen Gestus“, sagt der Schauspieler, der in Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern) geboren wurde. „Mir war so, als stünden beide Eltern in einer Person vor mir.“ Neben Hübner spielen unter anderem Max Hopp (Der Turm), Milan Peschel (Schlussmacher) und Ludwig Trepte (Unsere Mütter, unsere Väter) - alle als gehorsame Grenzer mit schlecht sitzenden Uniformen.

Hübner überspitzt die Figur Schäfer fast bis ins Absurde. Ein Mann mit sächsischem Dialekt, der unbeholfen und gleichzeitig entschlossen ist, der brüllenden Menge vor seinem Grenzhäuschen nachzugeben. „Wir haben um den Tonfall viel gerungen“, sagt der zweite Produzent Benjamin Benedict über die vielen humorigen Momente. Die Produzenten selbst haben den Film in das Genre Tragikomödie eingeordnet. „Es ist die Authentizität, die dem Ganzen etwas unfreiwillig Komisches gibt.“

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