Managergehälter:Üppiges  Ruhekissen 

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Auch Sparkassen und Landesbanken haben ihre Vorstände in der Regel gut abgesichert. (Foto: Daniel Reinhardt/dpa)

Vorstände von Sparkassen und anderen Unternehmen verdienen gut, gehen aber auch hohe Risiken ein - möchte man meinen. Dabei sind einige durch gut dotierte Ruhegelder abgesichert.

Von Meike Schreiber und Markus Zydra, Frankfurt

Der britische Wirtschaftswissenschaftler Paul Collier skizziert in seinem Buch "Sozialer Kapitalismus" sehr eindrücklich, welche Risiken Arbeitnehmer eingehen, wenn sie einen neuen Job annehmen. Sie ziehen oft sogar mit ihren Familien um, verlassen also Heimat, Freunde und Familie. Damit geben sie der Führung des Unternehmens einen Vertrauensvorschuss. Sie verlassen sich darauf, dass die Manager die Firma so gut leiten, dass der Arbeitsplatz sicher ist.

Dieses Vertrauen wird manchmal enttäuscht. Die Unternehmenschefs beschließen bei andauernd schlechter Auftragslage oft einen Arbeitsplatzabbau. Die betroffenen Mitarbeiter müssen dann neu anfangen - mithilfe einer meist nur kleinen Abfindung. Die Chefs hingegen, die den Niedergang eines Unternehmens womöglich mit zu verantworten haben, bekommen in der Regel so viel Gehalt und Abfindung, dass sie ausgesorgt haben. Für Collier ist dieser Zustand eine Ursache für den wachsenden Unmut in der Gesellschaft.

Viele Bosse haben ihre Verträge gut verhandelt. Da gibt es gerade bei Großunternehmen fixe und variable Vergütungen in Millionenhöhe, dazu kommen mehr als auskömmliche Ansprüche für die Ruhestandsversorgung und Übergangsgelder. Letztere sollen dem scheidenden Vorstand Rückendeckung geben, um in Ruhe einen neuen Job zu suchen. Schließlich haben Vorstände in der Regel Zeitverträge.

Söder wollte Riegler wohl unbedingt nach München holen

Wie so etwas abläuft, zeigte sich jüngst bei der Bayern-LB. Der Ex-Chef der Landesbank, Johannes-Jörg Riegler, 54, hatte sich ein üppiges Übergangsgeld ausgehandelt. Mutmaßlich neun Jahre, also bis zum vorgesehenen Renteneintritt, erhält er per annum rund 400 000 Euro fürs Nichtstun - zumindest, sofern er sich keinen neuen Job sucht. Riegler war 2014 von der Nord-LB, wo er bereits Anspruch auf ein Ruhegeld hatte, zur Bayern-LB gewechselt. Dem Vernehmen nach wollte der damalige Finanzminister Markus Söder (CSU) Riegler unbedingt nach München holen und ließ sich darauf ein, die Regelung zu übernehmen. Als der Freistaat Rieglers Vertrag nun auslaufen ließ, war klar, dass die Bank das Geld zahlen muss.

Die Bayern-LB gehört zu 75 Prozent dem Freistaat. Doch in Fachkreisen sind solche Zahlungen umstritten. Die Höhe der Übergangsgelder müssen laut Aktiengesetz "angemessen" sein, sagt Julia Redenius-Hövermann, Associate Professorin für Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht an der Frankfurt School of Finance. "Daraus ergibt sich, dass es auf ein bis drei Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Vorstandsamt begrenzt werden sollte." Die Zahlung sollte auch an ein Mindestalter von 57 Jahren geknüpft werden, weil die meisten Ruhestandsvereinbarungen mit 60 oder 63 Jahren griffen. Bei Übergangsgeldvereinbarungen wie die für den früheren Chef der Bayern-LB gebe es erhebliche Zweifel, ob der Angemessenheitsgrundsatz gewahrt sei, denn die Laufzeit beträgt neun Jahre.

Nun ist die Bayern-LB keine klassische Aktiengesellschaft. Doch das taugt nicht als Freibrief - im Gegenteil. "Die Institutsvergütungsordnung (IVV), der die Bayern-LB unterliegt, ist im Ergebnis strenger als das Aktiengesetz und auch sie fordert den Grundsatz der Angemessenheit", sagt Redenius-Hövermann.

Riegler allerdings kam zwar erst kurz nach Inkrafttreten der IVV zur Bank, weswegen dem Freistaat formal wohl nichts vorzuwerfen ist.

Die Übergangsgelder haben in der Öffentlichkeit dennoch keinen guten Ruf, spätestens seit Utz Claassen, Ex-Chef der Energie Baden-Württemberg (EnBW), vor mehr als zehn Jahren von einer üppigen Vereinbarung profitieren sollte. Dem damals 44-Jährigen hätten bis zum 63. Lebensjahr jährlich 399 000 Euro "Übergangsgeld" zugestanden. Das sorgte für Aufregung, vor allem auch, weil EnBW dies angeboten hatte. Später einigte man sich auf einen Vergleich.

Auch bei Sparkassen und Landesbanken - also halbstaatlichen Banken - sind solche Regelungen immer noch verbreitet. Viele Vorstände erhalten abhängig von ihrer Vertragslaufzeit ein Übergangsgeld von bis zu 55 Prozent der letzten festen Bezüge, wenn sie mindestens fünf Jahre Vorstand waren, der Vertrag aber auf Betreiben der Träger nicht verlängert wird und sich der Vorstand nichts zuschulden kommen ließ. Die Regelung soll die Unabhängigkeit von der Kommunalpolitik sichern. Dabei verdienen Vorstände großer Sparkassen auch so bis zu 500 000 Euro im Jahr. Wie viele Vorstände der bundesweit rund 380 Sparkassen noch in den Genuss üppiger Übergangsgelder kommen, ist beim Dachverband DSGV nicht bekannt. Man gehe "jedoch davon aus, dass die Empfehlungen der regionalen Sparkassenverbände zur Vertragsgestaltung an aktuelle Entwicklungen angepasst werden". Mit anderen Worten: So richtig glücklich ist man mit dieser Praxis nicht.

Auch bei der Bayern-LB gab es solche Regelungen bei neuen Verträgen wohl nicht mehr. Im Nachhinein ist es schwer, großzügige Regelungen anzufechten. "Wenn die Übergangsregelung unangemessen ist, dann ist der Aufsichtsrat schadenersatzpflichtig", sagt Redenius-Hövermann. Doch es sei bislang noch nie zu Klagen gekommen. "Es wäre der amtierende Vorstand, der den Anspruch gegen den Aufsichtsrat durchsetzen müsste, doch der Vorstand ist ja vom Aufsichtsrat bestellt und abhängig und würde das deshalb nicht tun." Zwar können auch Aktionäre den Anspruch durchsetzen, doch fehle dazu der Anreiz. Zudem sei es von außen schwierig, den Schaden genau zu schätzen.

© SZ vom 28.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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