Die Reise klingt wirklich verlockend. Einmal im Restaurant Katz's in New York ein Sandwich essen, genau an dem Tisch, an dem Sally Harry einen Orgasmus vortäuschte. Einmal sich fühlen wie Holly Golightly in Frühstück bei Tiffany in New York oder Amelie in ihrem Zimmer in Paris. Oder die Schwertkämpferin Jen Yu in den Wudang-Bergen im Nordwesten Chinas. 240 000 Euro pro Paar verlangt der britische Anbieter Veryfirstto für die dreimonatige Reise zu 20 legendären Filmorten in zehn Ländern.
Alles, was das 2012 von Marcel Knobil gegründete Internetportal verkauft, lässt sich unter den Begriff Luxus fassen. Knobil weiß, was sich die Superreichen wünschen. Der studierte Theologe hat viele Jahre für diverse britische Werbeagenturen gearbeitet. Er kennt sich aus mit teuren Marken. In einem Interview sagte er vor kurzem, seine Kunden seien Early Adopters für Luxus, also Konsumenten, die immer die Ersten sein wollen, die Dinge kennenlernen, besitzen und tun - lange vor der breiten Masse. Mit seinem Angebot an Luxus-Erlebnissen liegt Knobil voll im Trend.
Der Markt für Luxusgüter und -dienstleistungen wächst. Zwar nicht mehr ganz so stark wie in früheren Jahren, aber voraussichtlich immer noch mit jährlich sieben Prozent in den nächsten Jahren und damit stärker als die Wirtschaft vieler Länder, schreibt die Beratungsfirma Boston Consulting in ihrer jüngsten Studie. 1,8 Billionen Dollar, umgerechnet 1,3 Billionen Euro, gaben Konsumenten 2012 für Protz aller Art aus.
Personalisierte Ware mit Namenszug
Und dabei geht es um viel mehr als um den Besitz von Uhren, Schmuck oder Mode. Die Konsumenten wollen Luxus erfahren. Sein statt Haben - nicht gelegentlich, sondern Luxus im Alltäglichen wie das exklusive Fitnessstudio Soul Cycle oder das teure Restaurant mit prominenten Kunden. "Eine lange Warteliste heizt die Begehrlichkeit einer Marke nur noch an", schreiben die Berater.
Die neuen Kunden machen es den Konzernen nicht gerade einfach. Ihr Einkaufsverhalten ändert sich. Vor 20 Jahren sei das Luxus-Klientel weniger anspruchsvoll und homogener gewesen, schreiben die Autoren der Studie: "Heute wissen sie mehr über Marken, verlangen mehr und bedienen sich vieler Einkaufskanäle." Schon der Kauf, selbst die Produktion, sollen mehr denn je ein Erlebnis sein.
Kurz nach der Fashion Show im Herbst können etwa Kunden der britischen Marke Burberry zwei Wochen lang ihre neue Tasche oder ihren Mantel online oder im Geschäft bestellen - auf Wunsch auch mit eigenem Namenszug. Während der neunwöchigen Produktion erhalten sie auf ihrem Smartphone Originalskizzen und kleine Videos. Ihre personalisierte Ware erhalten sie dann lange bevor die Kollektion in die Läden kommt. Nur ein Beispiel.
Sogenannte Connaisseure ermitteln die nächsten Trends
Neue Geschäftsmodelle und Firmen entstehen. Rent the Runaway verleiht Bekleidung und Accessoires. Für knapp 15 Dollar im Monat erhalten die Mitglieder von Lacquerous drei Nagellacke, was sie nicht aufbrauchen, schicken sie zurück.
Was gerade in ist, weiß natürlich auch Marcel Knobil - zumindest nimmt er das für sich in Anspruch. Sogenannte Connaisseure ermitteln für ihn regelmäßig eine Liste der am sehnsüchtigsten erwarteten Markteinführungen. Dem illustren Kreis gehören unter anderem der Blogger und DJ Bip Ling, Harrods-Chef Michael Ward und Wendy Dagworthy, sie lehrte bis vor kurzem Mode am Royal College of Art. Zu ihren Schülern gehörte unter anderem Stella McCartney. Bald ist es wieder so weit.
Im Sommer 2013 kürten die Luxuskenner Produkte in verschiedenen Kategorien. In der Sparte Freizeit landete ein Luftkissengefährt für den Golfplatz auf Platz eins. Preis: Schlappe 60 000 Dollar. "Nichts für gewöhnliche Golfer", wirbt der Hersteller.