Luftreinhaltung:Letzte Frist

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Eine Messstation am Stuttgarter Neckartor. (Foto: Christoph Schmidt/dpa)

Das Verwaltungsgericht Stuttgart fordert vom Land Baden-Württemberg ein Konzept für saubere Luft.

Von Stefan Mayr, Stuttgart

Im Streit um saubere Luft in der Stuttgarter Innenstadt wird es jetzt eng für die baden-württembergische Landesregierung - und das nicht nur in zeitlicher, sondern auch in politischer und juristischer Hinsicht. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat am Donnerstagabend klargestellt, dass es mit dem bisherigen Vorgehen der Behörden nicht zufrieden ist.

So muss das Land 10 000 Euro Zwangsgeld zahlen, weil es einen Vergleich mit Anwohnern des schadstoffbelasteten Neckartors nicht umgesetzt hat. Zudem fordert Richter Wolfgang Kern vom Land innerhalb von zwei Wochen einen schlüssigen Plan zur Einhaltung der Schadstoff-Grenzwerte. Darin muss sich das Land auch auf einen Termin für Fahrverbote für Dieselautos der Abgasnorm Euro 5 festlegen. Weil viele Bürger Autos dieser Klasse besitzen, hat die Regierung bisher eine klare Aussage dazu vermieden.

Die grün-schwarze Koalition spielte offenbar auf Zeit - in der Hoffnung, dass die Schadstoffwerte langfristig durch andere Maßnahmen fallen würden. Doch diese Rechnung geht nun nicht mehr auf: Bis zum 15. Juli muss sich die Regierung zum Thema Euro 5-Autos festlegen - zumindest vor dem Richter. Falls das Land die Frist verstreichen lässt, drohen weitere 10 000 Euro Zwangsgeld.

Aus Kreisen der grün-schwarzen Koalition heißt es, eine Einigung innerhalb von zwei Wochen sei sehr schwierig. Bislang schließt die CDU Fahrverbote für Euro 5-Autos aus. Zudem will sie für Fahrzeuge der Norm Euro 4 und älter eine großzügige Ausnahmeregelung für alle Bewohner der Stadt Stuttgart durchsetzen. Nach Angaben von Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) machte der Verwaltungsrichter am Donnerstag allerdings deutlich, eine solche Lockerung sei mit ihm nicht zu machen. Die DUH hatte das Land Baden-Württemberg vor Gericht gebracht, weil diese trotz eindeutiger Gerichtsurteile nicht genügend für die Luftreinhaltung in Stuttgart unternehme. Nach dem fünfstündigen, nicht-öffentlichen Erörterungstermin verließ DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch den Gerichtssaal als klarer Sieger. Das räumen am Tag danach auch Vertreter des Landes hinter vorgehaltener Hand ein. Eine offizielle Stellungnahme gab das zuständige Landes-Verkehrsministerium nicht ab. Auch die Stadt Stuttgart, die als Beigeladene mit im Saal saß, sagt zu dem Verfahren nichts.

Umso gesprächiger war DUH-Chef Resch: "Der Richter hat in großer Klarheit deutlich gemacht, dass die von der Landesregierung geplanten Mini-Fahrverbote nicht ausreichend sind."

Die grün-schwarze Koalition verhandelt schon seit Längerem über einen Luftreinhalteplan, der zum 1. Januar 2019 in Kraft treten soll. Bislang konnten sich die Politiker allerdings nur darauf einigen, Diesel-Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 4 und älter aus der Innenstadt auszusperren - mit weitreichenden Ausnahmen. Wie die Koalition, in der es zuletzt ohnehin Streit gegeben hatte, mit der Frist des Gerichts umgeht, ist offen.

Denkbar ist, dass sie das Zwangsgeld kurzerhand in Kauf nimmt und zahlt. Dies ist in politischer Hinsicht höchst umstritten, da das Land damit einen Rechtsverstoß eingesteht. Im Rechtsstreit mit den Anwohnern des Neckartors, an dem die Stickstoff-Belastung gesetzliche Grenzwerte überschreitet, geht die Regierung genau so vor: 2016 hatte sie sich in einem Vergleich mit den Klägern dazu verpflichtet, an besonders belasteten Tagen den Verkehr um 20 Prozent zu verringern. Diese Abmachung wurde nie umgesetzt. Stattdessen wird das Land demnächst 10 000 Euro Zwangsgeld zahlen.

© SZ vom 30.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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