Luftfahrt:Flüge gestrichen, Grenzen zu

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Die Einbußen der Fluggesellschaften steigen wegen des Corona-Virus stark, in einer Woche fielen Zehntausende Flüge aus. Für die Branche ist das mindestens so folgenreich wie damals beim Sars-Virus.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Stewardessen mit Mundschutz in Manila. Auch auf den Philippinen breitet sich das Coronavirus aus. (Foto: Getty Images)

Cathay Pacific-Chef Augustus Tang hatte am Dienstag eine unerfreuliche Nachricht für seine Mitarbeiter. Die wegen der politischen Unruhen in der Stadt sowieso schon gebeutelte Hongkonger Fluggesellschaft muss tiefe Einschnitte vornehmen, um die Barreserven zu schonen. Das Flugprogramm wird bis auf Weiteres um 30 Prozent reduziert, denn Cathay hat nun zu spüren bekommen, wie ihr wichtigster Markt - China - implodiert ist.

Noch ist es unmöglich, annähernd richtig zu beziffern, wie groß der Schaden für die Luftfahrtindustrie sein wird, den der Ausbruch des Coronavirus in Wuhan verursacht. Doch mittlerweile deutet vieles darauf hin, dass der prozentuale Verkehrsrückgang mindestens so groß sein wird wie jener zu Zeiten des Ausbruchs des Virus Sars im Jahr 2003. Damals brach die Nachfrage in Asien für etwa drei Monate um 30 Prozent ein und brauchte weitere drei Monate, um sich zu erholen. Da sich der Luftverkehr aber seither weit mehr als verdoppelt hat, sind die Auswirkungen in absoluten Zahlen viel größer.

Immer mehr Länder führen strenge Regeln ein, Deutschland hingegen lässt China-Flüge zu

Am stärksten betroffen ist gar nicht einmal Cathay - denn Hongkong ist von Reiserestriktionen bislang ausgenommen. Am härtesten erwischt es die chinesischen Airlines. Sie haben in den vergangenen Tagen knapp die Hälfte aller Flüge streichen müssen. Der Flugplanspezialist OAG rechnet vor, dass in dieser Woche etwa 25 000 Flüge von und nach China sowie innerhalb des Landes nicht stattfinden. Dies entspreche einem Verlust von 4,4 Millionen Sitzen oder, anders ausgedrückt, der Größe des gesamten indischen Luftverkehrsmarktes. Noch nie sei der Luftverkehr in einem Land so schnell so rapide zurückgegangen.

Der mit Abstand größte Teil des Rückgangs, etwa 23 000 Flüge, entfällt auf Inlandsflüge. Auch im internationalen Luftverkehr dürfte die Zahl der gestrichenen Verbindungen weiter steigen. Immer mehr Länder haben strengere Reiserestriktionen eingeführt. Singapur etwa lässt niemanden mehr ins Land, der in den vergangenen 14 Tagen in China war - die für nächste Woche geplante Singapore Airshow soll allerdings stattfinden. Die Vereinigten Arabischen Emirate verbieten von Mittwoch an Flüge von und nach China mit Ausnahme von Peking. Betroffen sind Emirates und Etihad Airways. Andere Länder, darunter Deutschland und Frankreich, lassen China-Flüge weiter zu, allerdings haben Lufthansa und Air France-KLM von sich aus die Strecken bis März eingestellt.

Die drei großen chinesischen Anbieter Air China, China Eastern und China Southern reagieren im internationalen Geschäft bislang unterschiedlich.

Während Air China die Kapazität um 22 Prozent und China Eastern gar um 31 Prozent reduziert hat (Stichtag 3. Februar), hat China Southern nur fünf Prozent der Sitze aus dem Programm genommen. Cathay will nun sogar 90 Prozent der China-Verbindungen kappen. Die Civil Aviation Authority of China (CAAC), die oberste Luftfahrtbehörde, hat angesichts der Lage die staatlichen Airlines verpflichtet, in jedem bisher angeflogenen Land Flüge zu mindestens einem Ziel beizubehalten.

Bloomberg zufolge gibt es übrigens zwischen Hongkong und New York günstige Flüge für knapp 200 Dollar. Einiger Haken: Der Passagier muss in Wuhan sechseinhalb Stunden auf den Anschlussflug warten.

© SZ vom 05.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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