Delivery Hero:Nur Gewinne werden nicht geliefert

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Ein Kurierfahrer der Firma Foodpanda, der in Bangkok Essen ausliefert. Das Unternehmen gehört auch zu Delivery Hero. (Foto: Nicolas Axelrod/Bloomberg)

Das Geschäft des Kurierdienstes Delivery Hero wächst und wächst, vor allem wegen der Pandemie. Aber es werden nach wie vor hohe Verluste gemacht.

Von Caspar Busse, München

Niklas Östberg, 40, meldet sich aus Zürich. Der Mitgründer und Vorstandsvorsitzende der weltweit tätigen Lieferfirma Delivery Hero arbeitet von zu Hause aus, und das schon sehr lange. Gerade erst war er noch mal in Berlin in der Unternehmenszentrale, aber erst zum dritten Mal seit dem Frühjahr, seitdem sich die Corona-Pandemie weltweit ausbreitet. Reisen sind derzeit kaum möglich, sagt der Schwede, deshalb erledigt er gerade alles vom Computer aus.

Die Geschäfte bei Delivery Hero - die Aktie notierte seit August im Deutschen Aktienindex (Dax) - laufen gerade besonders gut. Die Krise werde genutzt, um weiter zu wachsen, sagt Östberg: "Wir expandieren in allen Bereichen." Neben dem ursprünglichen Geschäft mit Essensauslieferungen für Restaurants und Gaststätten bemüht sich Delivery Hero immer mehr um - besonders kleinere - Einzelhändler "um die Ecke", darunter auch Apotheken, Buchhändler oder Elektronikgeschäfte. Für diese wird die Lieferung von Produkten in der Nachbarschaft übernommen. Das Geschäftsfeld wachse schon jetzt besonders stark, macht aber erst einen kleinen Anteil aus. Östberg kann sich vorstellen, dass mittelfristig dieser Bereich für bis zu einem knappen Drittel des gesamten Umsatzes steht.

Vor allem wegen der Pandemie laufen die Geschäfte bereits gut. Im dritten Quartal 2020 verdoppelte das Unternehmen seinen Umsatz auf 776 Millionen Euro. Von Juli bis September wurden über die Plattform mehr als 360 Millionen Bestellungen abgewickelt, teilte die Firma mit. Das Wachstum hält schon länger an, Gewinne werden aber nicht erwirtschaftet. Grundsätzlich lebt Delivery Hero von den Provisionen für ihre Lieferdienste. Das Unternehmen ist weltweit in mehr als 40 Ländern tätig, aber kaum in Europa und nicht mehr in Deutschland, die Aktivitäten hierzulande wurden an den Konkurrenten Just Eat Takeaway verkauft und laufen heute unter Lieferando.

Delivery-Hero-Chef Niklas Östberg. (Foto: Michael Sohn/AP)

Die Anleger honorierten am Mittwoch die Zahlen, die Aktie ging kurzzeitig um fünf Prozent hoch und notierte später knapp unter 100 Euro. Vor einem Jahr lag die Delivery-Hero-Aktie noch bei 40 Euro. Zuletzt hatte das Unternehmen, das an der Börse nun mit gut 19 Milliarden Euro bewertet wird, den Platz der Skandalfirma Wirecard im Dax-30 eingenommen und gehört damit neun Jahre nach der Gründung schon zu den wichtigsten börsennotierten Unternehmen in Deutschland. Dabei ist die Firma hierzulande nicht tätig und hat auch noch nie Gewinne erwirtschaftet.

Wegen der Ausgangsbeschränkungen und Hygieneregeln bestellen viele Menschen weltweit ihre Mahlzeiten online bei Restaurants und lassen sie sich nach Hause liefern. Die Pandemie sei aber nicht nur gut für das Unternehmen, sagt Östberg. Viele kleine oder mittelständische Kunden, für die Essen ausgeliefert wird, seien in Bedrängnis. "Wir müssen aufpassen, dass die Restaurants am Leben bleiben", meint er. Gleichzeitig seien weitere Akquisitionen in verschiedenen Märkten geplant, vor allem kleinere, keine Mega-Zukäufe. Mitte September baute Delivery Hero das Geschäft in Lateinamerika mit dem Kauf des spanischen Online-Marktplatzes Glovo aus. Nur einen Tag später gab Delivery Hero den Start seines Japan-Geschäfts über die Tochter Foodpanda bekannt.

Im ersten Halbjahr hatte das Unternehmen noch einen Verlust von 320 Millionen Euro gemeldet. Wann es Gewinne geben werde, lässt Östberg offen. Ihm geht es derzeit vor allem um Umsatzwachstum und den Gewinn von Marktanteilen. Im Gesamtjahr wird nun mit einem Umsatz von 2,7 bis 2,8 Milliarden Euro gerechnet. Auch in den nächsten Monaten soll es in dem Tempo weitergehen. Ziel sei es, das Geschäft auf weitere "kleine" Länder auszudehnen. Das Unternehmen, das seine Zentrale in Berlin hat und dort gegründet wurde, hat rund 27 000 fest angestellte Mitarbeiter. Viele der Kuriere arbeiten dagegen frei und erhalten geringe Stundenlöhne, was immer wieder kritisiert wird.

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