Lieferanten unter Druck:Die Methode Boss

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Von wegen heile Modewelt: Mit drastischen Maßnahmen erhöht Hugo Boss den Druck auf seine Lieferanten - und auch die Mitarbeiter bleiben von den Sparmaßnahmen nicht verschont.

Was die Zusammenarbeit mit den Lieferanten angeht, hat sich der Modekonzern Hugo Boss hohe Ziele gesetzt - ein Blick auf die Internetseite genügt: "Während sich viele internationale Bekleidungsunternehmen am reinen Beschaffungspreis orientieren und sprunghaft zur jeweils günstigsten Region oder zum momentan preiswertesten Lieferanten wechseln, gehen wir mit unseren Lieferanten langfristige Partnerschaften ein", ist da zu lesen. Und weiter: "Die Folge häufiger Lieferantenwechsel ist eine inkonsistente Produktbeschaffenheit mit einhergehenden Qualitätsschwankungen."

Lieferanten unter Druck: Dienstleister von Hugo Boss sollen dem Unternehmen einen Teil ihres Umsatzes zurückerstatten. (Foto: Foto: ddp)

Doch zumindest bei den Partnern im Bereich der sogenannten Non-Production Materials pflegt das Unternehmen offenbar einen anderen Umgang. Die klagen über harsche Zustände und massiven Druck aus der Boss-Firmenzentrale im schwäbischen Örtchen Metzingen.

Ein Sprecher von Hugo Boss sagte zu sueddeutsche.de, dass mit den Lieferanten im Non-Production-Bereich über Vertragsbedingungen gesprochen werde. "Wir erwarten eine signifikante Steigerung des Preis-Leistungs-Verhältnisses." Dies sei jedoch ein "ganz normaler Prozess". Die wirtschaftliche Lage würden den Konzern zu diesen Maßnahmen zwingen.

Zuvor hatte die Financial Times Deutschland (FTD) berichtet, der Modekonzern habe Zulieferer und Dienstleister - etwa IT-Firmen, Agenturen und Druckereien - dazu aufgefordert, Hugo Boss zwischen fünf und 20 Prozent des jeweiligen Umsatzes zurückzuerstatten. Sonst, so die Drohung, würden diese Betriebe bei künftigen Aufträgen nicht mehr berücksichtigt.

Bei den Schwaben hat die sprichwörtliche Sparwut in der letzter Zeit offenbar drastische Ausmaße angenommen. Dem FTD-Bericht zufolge mussten die Lieferanten bereits im ersten Halbjahr die Zahlungsziele von den bislang üblichen 30 Tagen auf bis zu vier Monate verlängern. Zudem versuche Hugo Boss, bei bereits abgeschlossenen Verträgen die Preise nachträglich zu drücken.

Dass aber das Unternehmen auch noch bereits gezahltes Geld zurückverlange, "ist ein absolutes Novum für die Modebranche", zitiert das Blatt einen Branchenkenner. Und ein Lieferant, der seit zehn Jahren mit dem Unternehmen zusammenarbeitet, klagt: "Dass jemand im Nachhinein rückwirkend fordert, habe ich noch nicht erlebt."

Rigider Sparkurs

Am Ende, so das Ziel von Hugo Boss, sollen die Kosten für die nicht produktionsbezogenen Dienstleistungen um etwa zehn Prozent gedrückt werden, sagte der Sprecher sueddeutsche.de. Im Jahr 2008 gab der Modekonzern in diesem Bereich demnach 274 Millionen Euro aus.

Dass der schwäbische Edelschneider jetzt mit derartigen Maßnahmen an der Kostenschraube dreht, sei vor allem Folge der Wirtschaftskrise, sagte der Sprecher.

Doch auch die Eigentümer von Hugo Boss haben ein starkes Interesse daran, dass der Modekonzern auf Profit getrimmt wird. Denn mehrheitlich gehört Hugo Boss der italienischen Valentino Fashion Group, die im Jahr 2007 vom Finanzinvestor Permira übernommen wurde. Der Deal wurde damals größtenteils mit Schulden finanziert, die Valentino aufgebürdet wurden. Nun sind die Italiener auf satte Dividendenzahlungen ihrer schwäbischen Tochter angewiesen.

Doch wegen der Krise lahmt auch das Geschäft in Metzingen - und so hat der seit August 2008 amtierende Vorstandschef Claus-Dietrich Lahrs dem Modekonzern einen rigiden Sparkurs auferlegt.

Das spürt auch die Belegschaft. Das Management hat die außertariflich bezahlten Boss-Mitarbeiter aufgefordert, bis Juni die Hälfte ihres Jahresurlaubs zu nehmen, damit das Unternehmen im Halbjahresabschluss Rückstellungen vermeiden kann. Zudem hat Hugo Boss Änderungen bei den Arbeitszeitkonten erlassen. Statt 75 Stunden können diese nun bis zu 200 Stunden im Plus oder Minus stehen.

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