Libra:Weckruf für die Notenbanker

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Facebook überall: Der US-Konzern will jetzt auch eine eigene Währung auf den Markt bringen. (Foto: Justin Sullivan / AFP)

Facebook will eine digitale Währung schaffen, Politiker laufen dagegen Sturm.

Von Victor Gojdka, München

Was manche Finanzpolitiker an die Wand malen, hört sich nach einer echten Finanzapokalypse an: Geldwäsche könnte florieren, die Währungen von Schwellenländern weich werden, gar das globale Finanzsystem aus dem Gleichgewicht geraten. Das sind nur einige der Folgen, die Finanzaufseher und Politiker für möglich halten, sofern die geplante Digitalwährung Libra großen Erfolg haben sollte. Schon im kommenden Jahr will ein Konsortium rund um Facebook das E-Geld an den Start bringen. Ein privater Unternehmensbund, der eine Währung schaffen will? Nun laufen Finanzaufseher rund um den Globus Sturm gegen das Projekt.

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire äußerte sich deutlich: "Unter den aktuellen Umständen sollten wir die Entwicklung von Libra in der EU verweigern", sagte er. Und auch die deutsche Bundesregierung zeigt sich in ihrer neuen Blockchain-Strategie kritisch: Private Digitalwährungen dürften "keine Alternative zu staatlichen Währungen werden". Selbst die anfänglich offenen Schweizer Behörden sehen nun offenbar genauer hin, denn die Libra-Assoziation hat ihren Sitz in Genf. So ließ die dortige Finanzaufsicht Finma durchblicken, Libra brauche auf jeden Fall eine Lizenz als Zahlungsdienstleister. Möglicherweise müsse das Konsortium gar weitere Vorschriften befolgen. Manche Politiker wollen das Thema auf dem Treffen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds im Oktober diskutieren. Nicht alle Finanzpolitiker stimmen allerdings in den aufgeschreckten Chor ein. "Es ist noch gar nicht ausgemacht, dass Libra sich in der Breite durchsetzt", sagt FDP-Finanzpolitiker Frank Schäffler.

Viele Staaten lassen sich nun von der Libra-Assoziation treiben, denn plötzlich fordern immer mehr Politiker staatliche Digitalwährungen. "Die EU-Staaten sollten sich schleunigst Gedanken machen, wie das offensichtliche Bedürfnis nach digitalen Währungen bedient werden kann", sagt Grünen-Finanzexperte Danyal Bayaz. Eine Forderung, die in manchen Reihen der Regierungsparteien Widerhall findet. "Wir möchten den Euro auf die Blockchain bringen", gibt zum Beispiel CDU-Politiker Thomas Heilmann zu Protokoll. Die Blockchain-Strategie der Bundesregierung geht nicht so weit, verspricht lediglich einen "Dialog mit der Bundesbank" zum Thema.

Nicht alle Finanzpolitiker sehen Politik und Notenbanken nun unter Zugzwang. Einen E-Euro? "Davon halte ich nichts", sagt FDP-Mann Schäffler. Wenn Bürger ihr digitales Geld auf Konten direkt bei der Zentralbank parken könnten, dürften sie nämlich ihre herkömmlichen Bankkonten leer räumen. Geld bei der Zentralbank würde ihnen schließlich sicherer erscheinen. Dann könnte das Finanzsystem auch ganz ohne Libra aus den Fugen geraten.

© SZ vom 25.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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