Legebatterie-Verbot der EU:Warum die Lebensmittel-Industrie teure Ostereier befürchtet

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Droht zu Ostern eine Eier-Knappheit? Seit Januar ist die Hühnerhaltung in Legebatterien in der EU verboten. Deshalb fehlen diese Eier jetzt auf dem Markt - und die Preise steigen dramatisch. Lebensmittelhersteller erwägen, ihre Rezepturen so umzustellen, dass weniger Eier gebraucht werden. Fachverbände wollen die EU-Kommission um Hilfe bitten.

Oliver Klasen

Das ostfriesische Schlager-Duo Klaus und Klaus, das seine Erfolge vor allem in den achtziger Jahren feierte, ist - das kann man wohl guten Gewissens so stehen lassen, ohne den beiden allzu sehr Unrecht zu tun - nicht gerade für tiefschürfende Texte und das Thematisieren gesellschaftlicher Missstände bekannt.

Seit Anfang Januar sind in der EU Legebatterien verboten. Trotzdem werden in vielen Staaten noch Millionen Hennen in herkömmlichen Käfigen gehalten. Ihre Eier dürfen aber nicht verkauft werden, was zu Kapazitätsengpässen auf dem Markt führt und die Preise hochtreibt. (Foto: dpa)

Doch zwischen den Zeilen des Blödel-Songs "Klingelingeling, Klingelingeling, hier kommt der Eiermann" wurde schon damals ein Problem angesprochen: die Hühnerhaltung in Legebatterien. In dem Song heißt es: "Unser Ei kommt garantiert vom frohen Federvieh, nicht so schlappe Kugeln aus der Legebatterie, auf unserm Hof können Hühner noch frei picken und frei kratzen, wir wünschen Guten Appetit, sie können ruhig schmatzen."

1988 - als der Song entstand, war die Käfighaltung bei Hühnern noch gang und gäbe. Eier aus wirklich tiergerechter Haltung gab es damals höchstens direkt vom Bauern oder in speziellen Bio-Läden. Heute hat sich das geändert: Viele Verbraucher greifen zu Bio- oder Freilandeiern, die es mittlerweile sogar bei den großen Lebensmittel-Discountern gibt. Käfigeier wurden zuletzt vor allem in der Gastronomie verarbeitet.

Seit 1. Januar gilt in der gesamten EU eine neue Verordnung, nach der es verboten ist, Legehennen in herkömmlichen Käfiganlagen zu halten. Die politische Entscheidung dazu fiel bereits 1999. Deutschland schaffte die sogenannte konventionelle Legehennenhaltung im Jahr 2010 schon vorzeitig ab.

In 13 anderen EU-Staaten dagegen wird die Vorgabe nach Erkenntnissen der zuständigen Behörden zumindest teilweise noch immer missachtet. Etwa 46 Millionen Hennen sollen dort in Käfigbatterien leben. Ihre Eier dürfen seit Januar nicht mehr verkauft werden und fehlen auf dem Markt. Als Konsequenz sind die Preise dramatisch gestiegen - und das kurz vor Ostern, wenn die Nachfrage nach Eiern traditionell stark ansteigt.

In Niedersachsen liegen die größten deutschen Produktionsstätten für Hühnereier. Weser-Ems-Notierung heißt passenderweise einer der wichtigsten Preisindizes für Hühnereier. Seit Anfang 2011 ist dem Index zufolge der Preis für Eier der Größe M aus Bodenhaltung um mehr als das Doppelte gestiegen und liegt derzeit bei mehr als elf Euro für 100 Stück.

Laut Eiernotierung an der Warenbörse Köln sind die Preise für 360er Kartons der Größe M aus Kleingruppenhaltung allein in den vergangenen zwei Monaten um etwa 40 Prozent gestiegen: von durchschnittlich 9,05 Euro Anfang Januar auf 12,53 Euro (Preis vom 2. März). Je nach Sorte der Eier seien die Preissprünge noch deutlicher.

Angesichts des Preisanstiegs warnen Fachverbände wie die europäischen Vereinigungen der Eier-, Wild- und Geflügelwirtschaft (EPEGA) vor gravierenden Engpässen auf dem Eier-Markt. Der Verband der Teigwarenhersteller und Hartweizenmühlen (VTH) bezeichnet die Entwicklung inzwischen als "dramatisch". Teilweise könnten einige Nahrungsmittelhersteller bestehende Kontrakte nicht mehr bedienen. Ein Ende der Preissteigerungen sei nicht abzusehen.

Verbraucher spüren die Preissteigerungen bisher kaum

Auch der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Großbäckereien, Armin Juncker, äußerte Besorgnis: "Für einen Teil unserer Mitglieder sind die Versorgungsengpässe ein großes Problem." Als Konsequenz würden beispielsweise einige Fertigkuchen-Hersteller bereits überlegen, ihre Sortimente oder Rezepte so zu verändern, dass ein geringerer Ei-Anteil gebraucht wird.

Die Großbäckereien aus mehreren europäischen Staaten wollen sich jetzt an die EU-Kommission wenden. "Wir wollen klären, ob die EU den noch hinterherhinkenden Betrieben Hilfestellung für eine schnellere Umrüstung geben kann", sagte Juncker. Andernfalls sei eine schnelle Entspannung auf dem Markt nicht zu erwarten.

Bei den Kunden in den Supermärkten sind die Preissteigerungen bisher kaum angekommen. Fachleute gehen davon aus, dass langfristige Lieferverträge für diese weitgehende Stabilität sorgen. Nach Angaben der EPEGA könne der Lebensmittelhandel die gestiegenen Kosten nur sehr schwer an die Verbraucher weitergeben. Speziell die großen Discounter erhielten ihre Eier zu fixen, vertraglich zugesicherten Preisen.

An der bayerisch-tschechischen Grenze hat sich der Eier-Engpass aber schon ausgewirkt: Viele Tschechen stocken ihre Eiervorräte in den grenznahen Städten Bayerns auf, denn die Preise in Tschechien sind besonders stark gestiegen. Wie ein Lauffeuer hat sich zumindest in den Medien die Geschichte einer unbekannten Tschechin verbreitet, die im oberpfälzischen Cham Eier für ihr halbes Dorf gekauft haben soll.

© Süddeutsche.de/olkl/mit Material von dapd - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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