Landwirtschaft:"Ruhe im Stall ist wichtig"

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"Das wird jetzt nicht mehr so einfach sein": Was die neuen Tierschutz-Auflagen für Legehennenhalter bedeuten und warum die Zeit des umstrittenen Schnabelkürzens bei den Tieren im Jahre 2017 wohl endgültig vorbei ist.

Von Silvia Liebrich, München

Wenn Michael Häsch zu den Hennen geht, klopft er vorher an die Tür, "damit sie nicht erschrecken". Und das funktioniert: Statt aufgescheucht wegzurennen, schauen ihn die Tiere erwartungsvoll an. "Ruhe im Stall ist wichtig, dann verletzen sie sich nicht gegenseitig", sagt der 56-Jährige. Entspannte Tiere reißen sich nicht gegenseitig die Federn raus und fügen sich keine Fleischwunden zu.

Für viele deutsche Legehennehalter wird das ab 2017 wichtiger als zuvor. Denn ab jetzt müssen sie auf das umstrittene Schnabelkürzen verzichten. Dabei wird die scharfe Schnabelspitze der Küken mit Infrarotlicht behandelt, sodass sie nach einigen Tagen abfällt. Das ist seit Jahren verboten, doch in der Branche hält sich bisher kaum jemand daran. Die notwendige Ausnahmegenehmigung war beim Tierarzt leicht zu beschaffen. "Das wird jetzt nicht mehr so einfach sein, weil der Handel Druck macht", meint Häsch. In Dietramszell, südlich von München, betreibt er mit seiner Familie einen Hofladen und hält 16 000 Legehennen, 6000 davon in Bodenhaltung, 10 000 im Freien.

"Die Betriebe in unserer Region stellen alle um", erzählt er. Auch er selbst werde ab sofort nur noch Junghennen mit unversehrten Schnäbeln in die Ställe setzen. Das klingt einfacher, als es ist. "Das Schnabelkürzen von heute auf morgen abschaffen, das geht nicht", erklärt er. Seit fünf Jahren bereitet er sich auf die Umstellung vor und ist auch an einem Bundesprogramm beteiligt, das die Bauern dabei unterstützen soll, den Tierschutz in Legehennen-Betrieben zu verbessern.

Damit es im Hühnerstall friedlich zugeht, hat er viel experimentiert. Hilfreich sei abwechslungsreiches Futter, bei dem die Hennen selbst wählen können. Er bietet ihnen neben Heu und eiweißhaltigem Futter auch Muschelkalk und Urgesteinsmehl an. "Am Tag füttern wir alle zwei Stunden, damit die Hennen beschäftigt sind". Für Unterhaltung sorgen auch Hähne in den Gruppen.

In diesen Tagen sind die Schnäbel nicht das einzige Problem. Die Vogelgrippe zwingt Häsch, die Tiere im Stall zu halten. Gilt die Stallpflicht länger als zwölf Wochen, hat er ein Problem. Seine Eier kann er dann nicht mehr als Freilandeier sondern nur noch als solche aus Bodenhaltung verkaufen - das würde einen Preisabschlag von zwei Cent je Ei bedeuten.

Der Verzicht auf das Schnabelkürzen werde viele Kollegen belasten, meint Häsch. Vor allem die Personalkosten dürften steigen, weil Ställe öfter kontrolliert werden müssen. Ein Ei kann so 1,5 bis 2 Cent mehr kosten. Häsch kritisiert, dass der Handel das nicht honoriert. "Bei den jüngsten Abschlüssen haben einige Handelskonzerne sogar die Preise gedrückt. Der Handel will zwar mehr Tierschutz, will aber die steigenden Kosten nicht an die Verbraucher weitergeben." Das ärgert ihn. "Der Handel will sich mit familiären Betrieben schmücken, macht ihnen aber Auflagen, die oft nicht zu erfüllen sind."

Seine Eier vermarktet Häsch deshalb lieber selbst, im Hofladen oder über die regionale Vermarktungsgesellschaft Unser Land. Viele andere Produzenten haben diese Wahlfreiheit nicht.

© SZ vom 03.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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