Landwirtschaft:Italiens Bauern schlagen Prosciutto-Alarm

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Prosciutto di Parma, zu deutsch Parmaschinken, darf unter dieser Bezeichnung nur in einem etwa 29 Quadratkilometer großen Gebiet hergestellt werden. (Foto: REUTERS)

Schinken-Spezialitäten sind zwar immer noch sehr gefragt. Aber der Rest des Schweins könnte sich bald für italienische Züchter nicht mehr lohnen.

Von Thomas Steinfeld

Ob es dem italienischen Schwein gut geht, sei dahingestellt, denn geschlachtet wird es sowieso. Doch die Bauern durchleben gerade schwierige Zeiten: Vergangene Woche wurde den Züchtern in der Provinz Mantua nur noch 1,20 Euro für ein Kilo Schweinefleisch aus einem anerkannt italienischen Herkunftsgebiet ("Denominazione di Origine Protetta", DOP) bezahlt. Dieser Preis liegt deutlich unter den Futterkosten, die bei der Aufzucht knapp zwei Drittel der Kosten ausmachen.

Etwa neun Millionen Schweine werden derzeit in Italien gemästet, vor allem in nördlichen Provinzen wie Brescia, Modena und Reggio Emilia. Ein Großteil davon geht in die Produktion international bekannter italienischer Spezialitäten, bei denen die Techniken der Aufzucht genauso geregelt sind wie die Wahl des Futters oder die Grenzen der Zuchtgebiete. Aber es lohnt sich nicht mehr, den Stoff heranzuziehen, aus dem die Delikatessen gemacht sind.

Entsprechend, so heißt es in der italienischen Landwirtschaftsorganisation Coldiretti, sei die Produktion inzwischen schon zurückgegangen, und zwar um knapp ein Zehntel. Ein auf die Dauer knapperes Angebot könnte wiederum zu höheren Preisen führen - was am Ende womöglich auch der deutsche Kunde eines Supermarktes oder italienischen Spezialitätengeschäfts zu spüren bekommt. Er müsste mehr für Prosciutto cotto und Prosciutto crudo bezahlen.

Schweine bestehen nicht nur aus Hinterteilen, die für Prosciutto taugen

Für den derzeitigen Preisverfall beim Fleisch, den die italienischen Bauern beklagen, gibt es vor allem einen Grund: die Konkurrenz durch importiertes Schweinefleisch. Zwar wird ein Prosciutto aus Parma oder San Daniele nur aus Schinken italienischer Produktion und aus bestimmten Gebieten hergestellt. Doch verderben billigere Importe, die zumeist aus Deutschland, Spanien, den Niederlanden und Dänemark kommen, gleichwohl die Preise.

Denn Schweine bestehen nicht nur aus Hinterteilen, die für Prosciutto taugen. Für diese werden zwar gut vierzig Prozent des Gesamtpreises bezahlt. Für die meisten restlichen Produkte kann aber auch Fleisch ausländischer Herkunft verwendet werden - zum Beispiel für Mortadella aus Bologna oder Zampone (Schweinsfüße) aus Modena. Gleiches gilt für Frischfleisch wie Schnitzel oder Lende.

Auch Sanktionen gegen Russland führen zu Problemen

Und diese Teile ihrer Schweine, die nicht in Prosciutto verwandelt werden können, wollen Italiens Züchter schließlich auch gewinnbringend verkaufen. Doch dafür bekommen sie mittlerweile deutlich weniger. Die Folge: Der Erlös für das ganze Tier sinkt, die Zucht lohnt sich kaum noch.

Hinzu kommen Probleme durch die Sanktionen gegen Russland, wie sie nach der Annexion der Krim vor zwei Jahren verhängt wurden. Zwar war der russische Markt für italienische Produkte aus Schweinefleisch zuvor nur von geringer Bedeutung gewesen. Doch nötigen nun die Sanktionen die Händler aus dem Norden, ihre Bestände woanders zu verkaufen - wo die Preise noch niedriger sind.

In ihrer Not fordern Italiens Züchter nun eine Deklarationspflicht für Schweinefleischprodukte. Wenn auf dem Etikett etwa einer italienischen Salami stünde, dass das Tier aus Dänemark oder Polen stammt, so hoffen sie, zahle der Kunde mehr für das teurere Produkt von konkurrenzloser Qualität.

© SZ vom 20.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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