Kunst auf dem Geldschein:Für eine Handvoll Dollar

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Barbie, Glasmurmeln - oder ein Bild von Jack Nicholson: Mit bunten und skurrilen Entwürfen kämpft ein New Yorker Designer gegen den Verfall der amerikanischen Währung.

Moritz Koch, New York

Keine Frage, der Dollar hat ein Imageproblem. Zur Krisenwährung ist er geworden, zur Maßeinheit des globalen Absturzes. Ob die Milliardenverluste der Wall Street oder die Billionenprogramme der US-Regierung - was nach Weltrezession klingt, wird in Dollar angegeben. Die Kundschaft murrt bereits: Die Schwellenländer, bisher die treuesten Käufer der Währung, sorgen sich lautstark um die Stabilität. Kaum eine Woche vergeht ohne rhetorische Seitenhiebe auf die USA. Russen und Chinesen haben ein gemeinsames Ziel: Der Dollar soll runter vom Sockel der Leitwährung. Je eher, desto besser.

So sieht die echte 100-Dollar-Note aus. Der New Yorker Werbedesigner Richard Smith sucht jedoch nach neuen Entwürfen. (Foto: Foto: AFP)

Höchste Zeit also für einen Neubeginn, findet Richard Smith. Der New Yorker Werbedesigner stammt aus England, lebt seit elf Jahren in den USA - und will dem alten "Greenback" einen frischen Look verpassen. Vorschläge sammelt er auf seiner Internet-Seite. Noch bis zum 4. Juli kann jeder, der will, ein Konzept einschicken. Seinen eigenen Vorschlag präsentiert Smith besonders prominent. Farbenfroh kommen die Schein-Entwürfe daher, mit großen Ziffern, schwungvollen Linien. "Sieht aus wie Telefonkarten", lästert ein Leser auf der Homepage.

Entzückte Verschwörungstheoretiker

Andere Entwürfe zeigen Portraits von Stars, Bilder der Barbie-Puppe oder, passend zur Verstaatlichung der Autoindustrie, gezackte rote Sterne. Auch den für viele Amerikaner rätselhaften Spruch im Dollar-Wappen greifen Designer auf. "Epluribus unum", lateinisch für "aus vielen Eines", übersetzen sie frei mit: "Eine Nation aus vielen Leuten." So wird ein Aphorismus zum Werbeslogan.

Zugegebenermaßen entbehren die Umgestaltungsphantasien jeder Grundlage. Über Pläne der Regierung für eine Währungsreform ist nichts bekannt. Aber US-Medien sind von der Aktion entzückt. Das Magazin Atlantic propagiert sie gar als eine von "15 schnellen Lösungen zur Rettung der Welt" - und macht sich genussvoll über das bisherige Dollar-Erscheinungsbild lustig: "Jeder, der unsere nationalen Werte verstehen will, starrt perplex auf den viktorianischen Schnick-Schnack und den freimaurerischen Hokuspokus, der eine Dollar-Note ziert. Sind das etwa die passenden Metaphern für die verworrenen Funktionsweisen der Welt der Credit Default Swaps und Collateralized Debt Obligations?"

Verschwörungstheoriker haben seit jeher ihre Freude am Dollar. Warum ist auf der Ein-Dollar-Note eine abgeschnittene Pyramide zu sehen, über der ein dreieckiges Auge schwebt? Da müssen doch Illuminati am Werk gewesen sein! Und sind auf dem 20-Dollar-Schein nicht Kapuzenmänner zu erkennen? Hat der Ku-Klux-Klan die Notenbank unterwandert? In solchen Wahnvorstellungen spiegelt sich das Misstrauen der Amerikaner gegen eine Zentralgewalt. Schließlich gilt eine Währung als Symbol staatlicher Autorität. Vor etwa 140 Jahren wurde das einheitliche Papiergeld in USA eingeführt.

Vorher schufen Privatbanken eigene Noten. Das heutige Erscheinungsbild geht auf eine Reform in den 1930er Jahren zurück. Der Dollar, wie wir ihn heute kennen, ist also ein Kind der Großen Depression. Nun, da die USA die Lehren aus der seither schwersten Krise ziehen und das Finanzsystem transparenter machen wollen, wäre es höchste Zeit, auch die Währungssymbolik verständlicher zu machen, findet Richard Smith: "Es wäre ein Katalysator für den Neustart unserer Wirtschaft."

© SZ vom 18.06.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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