Nach heftigem Streit haben sich die internationalen Geldgeber Griechenlands erstmals grundsätzlich auf eine gemeinsame Linie bei der Bewertung der griechischen Reformen geeinigt. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung verständigten sich Vertreter von Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Washington auf einen Kompromiss, wonach Athen ein zusätzliches Paket an Spar- und Reformmaßnahmen praktisch auf Vorrat beschließen soll.
Die Maßnahmen aus dem Vorratspaket sollen nur dann in Kraft treten, wenn die ursprünglich geplanten Spar- und Reformmaßnahmen absehbar nicht genügen, um das eigentliche Ziel tatsächlich zu erreichen: im Jahr 2018 einen Haushaltsüberschuss (ohne Schuldendienst) von 3,5 Prozent zu erzielen. Der Durchbruch gelang am Rande der IWF-Jahrestagung, wo sich das Spitzenpersonal der Geldgeber vertraulich traf, darunter IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Präsident Mario Draghi, Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem, EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Der IWF hatte die zusätzlichen Schritte zunächst als wenig realistisch abgelehnt, lenkte aber ein, um die weiteren Verhandlungen nicht zu blockieren. Schäuble zeigte sich nach dem Treffen zuversichtlich. Die Unterhändler sollten an diesem Montag "so schnell wie möglich" wieder nach Athen fahren, um dort mit der Regierung über die nötigen Reform- und Sparmaßnahmen zu verhandeln, sagte er am Samstag.
Finanzkrise:Europa muss Griechenland einen Teil der Schulden erlassen
Sonst droht die nächste Grexit-Hysterie - und die alte Krise wird sich nie lösen lassen.
Bisher ist Athen deutlich im Verzug
Ziel sei es, auf dem Treffen der Euro-Finanzminister Ende dieser Woche in Amsterdam "so weit zu kommen, dass wir in der folgenden Woche zum Abschluss kommen". Dabei setze er voraus, dass auch die Regierung in Athen "das umsetzt, was sie versprochen hat". Bisher ist Athen deutlich im Verzug. Schäuble zeigte dafür durchaus Verständnis und verwies auf die schwierige Lage des Landes in der Flüchtlingskrise.
Seine Zuversicht sei "jedenfalls nicht kleiner geworden". Konkret müssen sich die internationalen Geldgeber und Athen auf ein Vorgehen einigen, mit dem die erste Überprüfung des laufenden Reformprogramms erfolgreich abgeschlossen werden kann. Bevor tatsächlich eine weitere Tranche aus dem dritten Kreditprogramm, das 86 Milliarden Euro umfasst, ausgezahlt werden kann, ist allerdings noch ein grundsätzlicher Streit zu schlichten.
Der IWF und Berlin sind sich uneins in der Einschätzung, ob Athen seine Schulden mittelfristig tragen kann - oder der Schuldendienst deutlich erleichtert werden muss. Schäuble beharrte in Washington darauf, dass er einen Schuldenschnitt gar nicht für nötig hält - die finanzielle Hilfe des IWF dagegen schon. IWF-Chefin Lagarde stellte nach einem Treffen mit Griechenlands Finanzminister Euklid Tsakalotos nochmals die Bedingung dafür klar. Der Fonds stehe bereit, sich an einem Kreditprogramm zu beteiligen, "das auf nachhaltigen sowie realistischen mittel- und langfristigen Zielen beruht und die notwendigen Schuldenerleichterungen der europäischen Geldgeber enthält".