Kontrollsoftware:Politik macht Druck auf Zalando

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Bei Zalando bewerten sich die Mitarbeiter gegenseitig. So will der Online-Modehändler die Entwicklung der Mitarbeiter unterstützen - doch das hat Nachteile. (Foto: Christian Ditsch/imago)

Spitzenvertreter von CDU und Verdi fordern Modehändler auf, Zonar auszusetzen. Doch der lehnt das weiter ab.

Von Alexander Hagelüken und Michael Kläsgen, München

Politiker und Gewerkschafter sprechen sich dafür aus, dass Zalando seine umstrittene Kontrollsoftware Zonar zunächst aussetzt. So empfahl es der oberste Berliner Datenschützer dem Online-Modehändler nach eigenen Angaben bereits am 21. November - solange er den Datenschutz bei Zonar prüft. Forscher und Mitarbeiter hatten über Überwachung und Leistungsdruck durch das System geklagt, bei dem sich Mitarbeiter gegenseitig bewerten. Zalando weist die Vorwürfe zurück.

"Ich begrüße es, dass sich die Berliner Datenschutzbehörde um die Einhaltung des Beschäftigtendatenschutzes vor Ort kümmert", sagte Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) der Süddeutschen Zeitung. Er wolle dem Ergebnis der Prüfung nicht vorgreifen. "Ich finde die Forderung richtig, dass die Software bis zum Abschluss der Prüfung im Interesse der Beschäftigten und auch des Arbeitgebers nicht eingesetzt werden soll."

Verdi-Bundesvorstand Stefanie Nutzenberger fordert Zalando ebenfalls auf, bis zu einem Ergebnis der Prüfung auf Zonar zu verzichten. "Für die Beschäftigten hoffen wir sehr, dass der Einsatz ganz verboten wird. Das wäre auch ein wichtiges Zeichen für die gesamte Arbeitswelt." Die Datenschutzprüfung, die ein Verbot, aber auch die völlige Unbedenklichkeit ergeben könnte, wird laut Behörde voraussichtlich nicht vor Anfang 2020 abgeschlossen sein. Bis dahin solle Zalando Zonar aussetzen.

Zalando äußerte sich auf Anfrage nicht. Heise online zitierte eine Sprecherin mit der Aussage, man beabsichtige nicht, bis zum Ende der Prüfung auf das Tool zu verzichten. Die Empfehlung sei rechtlich unverbindlich. Die Behörde widersprach der Behauptung, sie habe gar keine Aussetzung von Zonar empfohlen: "Eine Zustimmung zur weiteren Nutzung hat es in dieser Form nicht gegeben." Der FDP-Arbeitsmarktpolitiker Johannes Vogel begrüßt, dass die Berliner Datenschutzbehörde den Fall prüft: "Das wird Klarheit schaffen!" Zonar wird regelmäßig bei 5000 Beschäftigten eingesetzt. Kollegen bewerten sich, dazu beurteilen Chefs. Dann werden Beschäftigte in drei Leistungsgruppen eingeteilt, was über Aufstieg und Gehalt mitentscheidet. Zalando spricht von großer Mitarbeiterzufriedenheit. "Mit Zonar unterstützen wir die Entwicklung jedes Mitarbeiters durch gelebte Feedback-Kultur". "Wem es wirklich ernst ist mit 'gelebter Feedback-Kultur', der stülpt seinen Mitarbeitern nicht so ein Kontrollsystem mit Mobbingpotenzial über", erklärt dagegen Norbert Walter-Borjans, Kandidat für den SPD-Vorsitz. "Zalando sollte die Zeit der Prüfung nutzen, um mit der Personalvertretung zu beraten, wie Motivation und Verantwortungsbereitschaft wirklich gefördert werden können." CDU-Minister Laumann sagte, er könne die Verhältnisse bei Zalando im Detail nicht beurteilen. Die Einführung von Mitarbeiterbefragungen und Feedbacksystemen könne ein effizientes Instrument zur Personalentwicklung sein. "Was ich aber auf keinen Fall will, sind Verfahren zur Leistungsbeurteilung, die Unfrieden in Belegschaften und Betriebe bringen", so der Chef des CDU-Arbeitnehmerflügels. "Besonders kritisch sehe ich dabei die Bewertung von Mitarbeitern untereinander. Ein Klima von Angst, Konkurrenz und Misstrauen schadet letztlich auch den Unternehmen selbst. Und das Gefühl eines ständigen Überwachungsdrucks kann zudem auch zu psychischen Belastungen bei den Beschäftigten führen."

© SZ vom 29.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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