Klima:"Horrorkatalog"

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Bis 2030 sollen Neuwagen überwiegend mit Strom oder mit grünem Sprit fahren, hofft das Ministerium. (Foto: Ulrich Perrey/dpa)

Das Bundesumweltministerium macht Ernst mit dem Klimaschutz - und hat einen Plan ausgearbeitet, wie Deutschland sich von fossilen Brennstoffen verabschieden soll. Zum Beispiel: 2030 sollen Neuwagen möglichst nur noch mit Strom fahren.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Die Tränen der Bundesumweltministerin waren kaum getrocknet, da kündigte sie schon die Konsequenzen von Paris an. Nach der Klimakonferenz, deren erfolgreiches Ende Barbara Hendricks so gerührt hatte, wollte die SPD-Frau nicht lange fackeln: Ein "Klimaschutzplan" sollte her. Bis zum Sommer sollte der darlegen, wie Deutschland sich von allen fossilen Brennstoffen befreien soll. "Dekarbonisierung", nennen das die Spezialisten.

Der Sommer strebt dem Ende entgegen, doch von einem Regierungs-Plan für den Klimaschutz fehlt jede Spur. Stattdessen gibt es einen 69-seitigen "Hausentwurf" des Umweltministeriums. Doch der liegt seit Wochen auf dem Schreibtisch von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU). Dort setzt er Staub an.

Seit Wochen ruht der Vorschlag zur Abstimmung im Kanzleramt

Die Schleife durchs Kanzleramt ist für derlei Entwürfe nicht ungewöhnlich. Das Kanzleramt klärt, ob es gravierende Einwände gegen Vorhaben einzelner Ministerien gibt. Diese "Frühkoordinierung" soll verhindern, dass es später zu fiesem Streit in der Koslition kommt. Üblicherweise beginnt die formale "Ressortabstimmung" erst, wenn das Kanzleramt sein Okay gegeben hat. Doch das fehlt noch.

Das mag damit zusammenhängen, dass Altmaier, selbst einst Umweltminister, den Streit schon riecht. Denn der Plan enthält für einige Ministerien harten Tobak. So sollen neue Autos dem Entwurf zufolge bis 2030 zum "weit überwiegenden Teil" entweder mit Strom oder mit grünem Sprit fahren. "Abgaben und Umlagen im Bereich des Verkehrs" sollen so umgestaltet werden, dass "deutliche finanzielle Anreize für die Nutzung umweltfreundlicher Verkehrsmittel" entstehen. Das klingt nach Belastung für Autofahrer - ein rotes Tuch für das Verkehrsministerium.

Auch die Subventionen für die Landwirtschaft sollen sich stärker an Umwelt und Klima orientieren. Bauern sollen weniger Stickstoff einsetzen und sorgsamer düngen. Selbst einen geringeren Fleischkonsum hält das Umweltministerium langfristig für sinnvoll. Da aber hört im Landwirtschaftsministerium, ebenfalls CSU-Haus, der Spaß auf. Auch die Idee, von 2030 an neue Heizungen nur noch mit Öko-Energie zu erlauben, stößt in der Union auf Protest. Und der Plan wäre sogar noch schärfer ausgefallen, wäre nicht vor dem Kanzleramt schon das SPD-Wirtschaftsministerium mit dem groben Kamm darüber hinweggegangen.

Für Widerstand aus der Union aber reicht es auch so. Während die Kanzlerin beim G-20-Gipfel in China fürs Klima wirbt, warnt der Unions-Wirtschaftsflügel vor schlimmsten Konsequenzen. Das Papier sei "ein Horrorkatalog für die Wirtschaft", sagt Wolfgang Steiger, Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats. Aber erst einmal ruht der Katalog ja im Kanzleramt.

Zuletzt schaltete sich auch die SPD-Fraktion ein - per Brief an Altmaier. "Wir fordern Sie auf, die umgehende Einleitung der Ressortabstimmung für den Entwurf des Klimaschutzplans 2050 zu unterstützen", heißt es da. "Eine weitere Blockade ist nicht akzeptabel." Derweil beteuert das Kanzleramt, es sei auch am Erfolg interessiert. Das aber verlange Gespräche. Hendricks verfolgt nun Plan B: Wenn Altmaier sein Okay nicht gebe, so heißt es in ihrem Umfeld - dann beginne die Ressortabstimmung eben diesmal ohne seinen Segen.

© SZ vom 03.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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