Kino:Galaktische Rekorde

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Menschen verkleidet als Storm Trooper bei der Filmpremiere in London. (Foto: Leon Neal/AFP)

Der neue "Star Wars"-Film bricht an den Kinokassen alle Rekorde. Auch Kritiker sind von Teil sieben der Weltraum-Saga begeistert. Alles deutet darauf hin, dass Disney durch die Marke "Star Wars" auch langfristig astronomische Einnahmen erwarten darf.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Nein, J. J. Abrams sitzt nun nicht in seiner Villa in den Pacific Palisades und reibt sich zufrieden die Hände. Dazu hat der Regisseur von "Star Wars: Das Erwachen der Macht" überhaupt keine Zeit, auch wenn der Film nun angelaufen ist. Denn Abrams ist noch immer ein bedeutsames Rad in der gewaltigsten Marketingmaschine in der Geschichte dieser Galaxie. Seine Darsteller lässt Abrams in Late-Night-Shows gegen einen sieben Jahre alten Fan zum Quiz antreten oder "Star Wars"-Melodien a cappella vortragen, er selbst hetzt von Auftritt zu Auftritt und versucht rührend, jeder einzelnen Veranstaltung ein neues, exklusives Detail zu gönnen: dass er das Ende der Spannung wegen gekürzt hat, dass er höchstselbst die Idee zum kinnladenherunterklappenden Moment des Films hatte, dass ehemalige Darsteller wie Ewan McGregor und Alec Guinness als Stimmen auftauchen. Solche Sachen eben.

Vielleicht hat Abrams am Montag während des Sprints zum nächsten Termin aber dann doch erfahren, dass er sich, sollte diese monströse Kampagne jemals enden, die Hände reiben darf. Der siebte Teil der Sternenkrieg-Reihe legte das erfolgreichste Start-Wochenende der Geschichte hin. Weltweit spielte der Film 529 Millionen US-Dollar ein und überholte damit "Jurassic World", das im Sommer 525 Millionen Dollar erlöst hatte. "Es war ein unglaubliches Wochenende", sagte Disney-Chef Robert Iger, dessen Unternehmen vor drei Jahren für vier Milliarden Dollar die Produktionsfirma Lucasfilm und damit die Rechte an "Star Wars" gekauft hatte.

Natürlich war dem Film ein grandioses Start-Wochenende prognostiziert worden, schließlich hat sich Disney die Vermarktung (225 Millionen Dollar) mehr kosten lassen als die Produktion des Films (200 Millionen Dollar). Die nun veröffentlichten Zahlen allerdings übertreffen die Erwartungen und deuten darauf hin, dass "Das Erwachen der Macht" die weltweiten Erlöse des Films "Avatar" in Höhe von insgesamt 3,1 Milliarden Dollar übertreffen und damit der erfolgreichste Film der Geschichte werden könnte. "Wir brechen gerade einen Rekord nach dem anderen", sagt Dave Hollis, bei Disney verantwortlich für den Vertrieb. Etwa: die meisten Vorführungen weltweit an einem Tag (mehr als 110 000), die höchsten Erlöse an einem Sonntag (61 Millionen), der größte Rückgang der Internetnutzung wegen einer Filmpremiere (zwölf Prozent in Deutschland).

In Hollywood wird der Erfolg als Zeichen dafür gewertet, dass die Filmindustrie zurückschlägt und die Macht im Blockbuster-Kino wieder erwacht. Das ist dringend notwendig, schließlich sind für die kommenden Jahre nicht nur "Star Wars"-Fortsetzungen geplant, sondern etwa auch neue Filme der Franchises "Indiana Jones", "Avatar", "Jurassic Park".

"Dieses Wochenende legt den Grundstein, langfristig noch viel mehr Einnahmen zu generieren", sagt Iger. "Ich habe schon immer gesagt, dass 'Star Wars' viel mehr ist als nur ein Film." Es heißt, dass Disney innerhalb der kommenden zwölf Monate mehr als fünf Milliarden US-Dollar über "Star Wars"-Merchandise-Artikel einnehmen könnte. "Es ist die wertvollste Mythologie unserer Zeit", sagt Iger, der für den Zukauf von Lucasfilm harsch kritisiert worden war.

Es gibt noch eine Zahl vom vergangenen Wochenende, die Meta-Kritik-Seite Rotten Tomatoes hat sie veröffentlicht. Sie dürfte bei Abrams und Iger ebenfalls für ein Lächeln sorgen. Laut der Analyse fielen 95 Prozent aller Kritiken zu "Das Erwachen der Macht" positiv aus. Ein außerordentlicher Wert und Hinweis darauf, dass sich nicht nur der Marketing-Marathon lohnt, sondern dass der Film auch künstlerisch erfolgreich ist. Und dass die Menschen auch die Fortsetzungen sehen und weiterhin Spielzeug kaufen werden.

Dennoch muss Abrams seine Vermarktungstournee fortsetzen. Die wird ihn im neuen Jahr nach China führen - was das Einspielergebnis an diesem Wochenende übrigens noch eindrücklicher werden lässt. Weil alle 34 Plätze für ausländische Filme in diesem Jahr schon vergeben waren, wird "Das Erwachen der Macht" auf dem zweitgrößten Filmmarkt der Welt erst am 9. Januar gezeigt und könnte dort mehr als 500 Millionen Dollar erwirtschaften. Abrams muss sich also mit dem Herumsitzen und Händereiben noch ein bisschen gedulden. Oder wie Disney-Vertriebsschef Dave Hollis sagt: "Kollabieren können wir dann im Februar."

© SZ vom 23.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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