Lebensmittelhandel:Kartellamt will den Wettbewerb stärken

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Einkaufswagen, aus verschiedenen Perspektiven fotografiert. Kaufland wollte ursprünglich 101 der 270 Real-Filialen kaufen, zeigte sich aber mit dem Ergebnis zufrieden. (Foto: imago images)

Schwarz-Gruppe darf 92 Real-Märkte nur übernehmen, wenn im Gegenzug Mittelständler wie Globus Standorte erhalten.

Von Michael Kläsgen, München

Das Bundeskartellamt hat entschieden: Ein Großteil der 276 Märkte des SB-Warenhauses Real geht an die Schwarz-Gruppe, den größten Lebensmitteldiscounter der Welt. Kaufland darf bis zu 92 Real-Standorte übernehmen, allerdings nur unter Auflagen. Der saarländische Mittelständler Globus erhält die Erlaubnis, alle gewünschten 24 Real-Märkte zu kaufen. Edeka hatte 72 Märkte zur Übernahme angemeldet, muss aber weiter auf eine Entscheidung warten, voraussichtlich bis Ende Februar. Etwa 30 Märkte sollen geschlossen werden. Was mit den restlichen Märkten passiert, ist noch ungewiss.

Kaufland wollte ursprünglich 101 der 270 Filialen übernehmen, zeigte sich nun aber mit dem Ergebnis zufrieden. Die Märkte würden vom ersten Quartal 2021 sukzessive an Kaufland übergehen, teilte das Unternehmen mit. "Wir bieten den Real-Mitarbeitern eine neue berufliche Perspektive und freuen uns darauf, mit ihnen gemeinsam die Märkte erfolgreich weiter zu betreiben", sagte Ralf Imhof, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Kaufland Deutschland. Die Gewerkschaft Verdi hatte unter den Bietern für die Real-Märkte stets Kaufland favorisiert, weil sie der Schwarz-Gruppe das Festhalten an bestehende Tarif-Konditionen am ehesten zutraute. Verdi erwartet allerdings, dass ganze Abteilungen des SB-Warenhauses Real, die es bei klassischen Lebensmittelhändlern nicht gibt, wie Autozubehör oder Konsumelektronik, auf Dauer geschlossen werden. Kaufland kündigte an, die Real-Märkte als regionale Nahversorger erhalten zu wollen.

Für neun Filialen, die Kaufland auf der Wunschliste führte, muss der Verkäufer, der russische Investorenfirma SCP andere Käufer finden. In den betroffenen regionalen Märkten wären nach Auffassung der Wettbewerbshüter sonst die Ausweichmöglichkeiten für die Verbraucherinnen und Verbraucher und der Wettbewerb zu stark beeinträchtigt worden. SCP ist ein Unternehmen, das zur Sistema-Gruppe des russischen Oligarchen Wladimir Jewtuschenkow gehört. Es hatte im Frühjahr dieses Jahres insgesamt 276 Real-Standorte von der Metro AG erworben. Seither sucht SCP nach Käufern für Standortpakete. Verwaltungsratschef von SCP Retail Investments ist seit Februar der ehemalige Kaufland-Chef Patrick Kaudewitz. Kaufland und SCP verneinten aber stets, dass die Personalie Einfluss auf die Vergabe hätte.

Im Lebensmittel-Geschäft wächst die Macht der Großen

Kartellamtschef Andreas Mundt knüpft die Freigabe an Kaufland an die Bedingung, dass SCP Märkte mit einem Einkaufsvolumen von mindestens 200 Millionen Euro an Mittelständler abgibt. Dadurch soll die Marktmacht der Schwarz-Gruppe, zu der auch Lidl gehört, nicht zu groß werden. Mundt gab gleichwohl zu, dass sich der Konzentrationsprozess im deutschen Lebensmittelhandel beschleunigt: "Die Schwarz-Gruppe baut durch die Übernahme ihre starke Marktposition beim Einkauf von Lebensmitteln weiter aus", sagte Mundt. Mehr als 85 Prozent des Marktes entfielen auf die führenden vier Handelsketten Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland und Aldi. Die bedingte Freigabe an Kaufland sei nur aufgrund der Verpflichtung möglich gewesen, im Gegenzug den Mittelstand zu stärken.

Wie viele der nun genehmigten 92 Real-Standorte Kaufland letzten Endes übernehmen kann, ist laut Kartellamt noch von verschiedenen Faktoren abhängig. Es stehe zudem die Einigung von Kaufland mit den bisherigen Vermietern aus.

Dass der Mittelständler 24 Real-Märkte übernimmt, hält Mundt aus Verbraucher-Sicht in allen betroffenen Regionen für "unproblematisch". Für die Saarländer wäre die Übernahme ein großer Schritt. Derzeit betreibt Globus 47 Märkte. Laut Kartellamt erhält das Unternehmen nun "nennenswerte Expansionsmöglichkeiten". Jochen Baab, Sprecher der Globus-Geschäftsführung sagte, die Entscheidung stärke "die Vielfalt im deutschen Lebensmitteleinzelhandel". Zumindest ein bisschen: Globus macht einen Umsatz von 6,8 Milliarden Euro, die Schwarz-Gruppe von 113 Milliarden Euro.

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