Kampf ums Glücksspielmonopol:Sportvereine müssen leiden

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Mit 500 Millionen Euro jährlich unterstützen die Lottogesellschaften die Sportvereine. Doch nun ist die Förderung gefährdet - durch kommerzielle Wettbüros.

A. Mühlauer u. K. Ott

Noch geht es ihnen gut, den deutschen Sportvereinen. Egal ob neue Fußballplätze, renovierte Hallen, Zuschüsse für Trainer oder gesponserte Wettkämpfe im Ausland - der Staat hilft fast immer und überall. Lotto macht's möglich.

Noch fließt reichlich Geld der Lottogesellschaften in die Sportförderung, doch das könnte sich bald ändern. (Foto: Foto: ddp)

Gut fünf Milliarden Euro kassieren die Lottogesellschaften der Bundesländer jährlich, ein Zehntel davon fließt in die Sportförderung. Aber womöglich nicht mehr lange. Die 500 Millionen Euro für den Sport könnten "wegbrechen", prophezeit Erwin Horak, der Spitzenfunktionär der staatlichen Lottobetriebe.

In einem Brief an Michael Vesper, den Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), warnt und lockt Horak zugleich. Wenn der DOSB sich weiter dafür einsetze, das staatliche Glücksspielmonopol aufzuweichen, sei die künftige Förderung der Vereine und Verbände "mehr als fraglich".

Denn dann sei der ganze Lottomarkt gefährdet. Vollziehe der DOSB als Spitzenorganisation des deutschen Sports aber eine Kehrtwende und helfe zusammen mit seinen Mitgliedern, das Monopol zu verteidigen, dann sei sogar eine höhere "Gewinnausschüttung zugunsten des Sports" denkbar.

So einfach ist das also aus Sicht von Horak, dem Präsidenten der Staatlichen Lotterieverwaltung in Bayern und Federführer der Lottogesellschaften der Bundesländer. Private Wettanbieter wie Bwin, bei denen via Internet bereits Millionen Fans auf Tore, Siege und Niederlagen tippen, sind schlecht für den Sport und das ganze Land.

Der Staat soll Stärke zeigen

Nur die eigenen staatlichen Toto-Angebote wie Oddset, an denen allerdings immer weniger Leute Gefallen finden, sind gut. Aber ganz so einfach ist das nicht. Horak, der in Bayern einst vom Finanzministerium zur Lotterieverwaltung wechselte und nun bundesweit für die staatlichen Glücksspielbetriebe spricht, kämpft seit Jahren unermüdlich für ein Monopol des Staates.

Er will die Internetzugänge zu Bwin und anderen privaten Wettbetreibern sperren lassen, die von Österreich, England oder Steueroasen wie Malta und Gibraltar aus den deutschen Markt erobern. Er will Banküberweisungen an ausländische Anbieter verbieten lassen. Und er will kommerzielle Wettbüros in ganz Deutschland schließen lassen. Der Staat soll Stärke zeigen.

Horak warnt vor einem Irrweg

Falle erst einmal das Sportwettenmonopol, dann wollten private Anbieter auch in das viel lukrativere Lottogeschäft einsteigen, fürchtet Horak und beschreibt ein düsteres Szenario: Von den Lotto-Milliarden der Bundesländer, die auch dem Sport zugute kämen, bliebe dann nicht mehr viel übrig.

Jetzt greift Lotto- und Toto-Präsident Horak sogar den organisierten Sport an, warnt vor einem Irrweg und dem Wegfall der bisherigen Förderung; andererseits stellt er bei Wohlverhalten zusätzliches Geld in Aussicht. Die Finanzminister in Bayern und Rheinland-Pfalz - diese Länder kümmern sich vorrangig um die Glücksspielpolitik in Deutschland - seien "aufgeschlossen" für höhere Ausschüttungen.

Einladung abgelehnt

Es gehe um eine "weitgehende Rückerstattung" der Lotteriesteuern für den Sport. In Zeiten knapper Kassen sollen also die Länder auf einen Teil der Erlöse verzichten, die ihnen die eigenen Glücksspielangebote von Lotto bis Oddset bringen.

Leider sei der DOSB, schreibt Horak an dessen Generaldirektor Vesper, auf diese Vorschläge nicht eingegangen und habe eine Einladung für ein Gespräch abgelehnt. "Wir können das nicht verstehen", klagt der Lotterie-Präsident und bittet um Verständnis für seine "offenen Worte".

Lotto und Sport sind seit Jahrzehnten enge Partner. Hin und wieder bewahren die Lotterie-Gesellschaften mit schnellen Geldspritzen sogar klamme Klubs vor der Pleite und dem Absturz in die Bedeutungslosigkeit. Beim Fußball-Bundesligisten 1.FC Kaiserslautern war das zum Beispiel der Fall.

Die Grafik zeigt, wie die Einnahmen durch Glücksspiele aufgeteilt werden. (Foto: Grafik: SZ)

Doch nun ist die von beiden Seiten so gerne betonte "traditionell hervorragende Kooperation" in ernster Gefahr. DOSB-Generaldirektor Vesper hat Horaks Ansinnen umgehend zurückgewiesen und den Lotto-Mann darum gebeten, "die Meinungsbildung innerhalb des Sports zur respektieren".

Festhalten am Wettmonopol sei "falsch und realitätsfremd"

Vespers Stimme hat Gewicht. Der Kölner gilt als engster Vertrauter von DOSB-Präsident Thomas Bach, einem der weltweit mächtigsten Sportfunktionäre. Bach ist Vizechef des Internationalen Olympischen Komitees und hat gute Aussichten auf den Chefposten in dem Gremium.

Der DOSB, der Deutsche Fußball-Bund, die Bundesligen im Handball, Basketball, Eishockey und Fußball warnen ihrerseits die staatlichen Lottogesellschaften und die Politik vor einem Irrweg. Das Festhalten an einem vermeintlichen Wettmonopol sei "falsch und realitätsfremd", hält Vesper seinem Widersacher Horak vor.

Größere Gefahr der Spielsucht

Das Monopol stehe nur noch auf dem Papier. 95 Prozent der Fans, die auf Sportereignisse tippen wollten, täten das via Internet bereits bei ausländischen Anbietern. Und diese Unternehmen zahlten in Deutschland bislang weder Steuern noch Abgaben.

Es sei doch besser, solche Unternehmen in Deutschland zuzulassen und bei ihnen zu kassieren. Dass dann auch das staatliche Lottomonopol falle, glaubt Sportfunktionär Vesper nicht. Es existierten ja schon private Spielbanken und Spielhallen. Dort sei die Gefahr der Spielsucht im Übrigen viel größer als bei Lotto und Toto.

Ein "anmaßender" Vorstoß

Das Argument der Lotteriegesellschaften und der Bundesländer, zum Schutze der Bürger vor den Gefahren des Zockens bedürfe es eines Staatsmonopols, erledigt sich dadurch aus Sicht des organisierten Sports von selbst. Vielen Bundesländern gehe es wohl eher darum, viel Geld zu kassieren.

Der Vorstoß von Lotto-Funktionär Horak sei "anmaßend", sagt ein Manager aus der Fußball-Bundesliga: "Die 500 Millionen Euro für den Sport, die er in Frage stellt, gehören ihm doch nicht persönlich." Mit seiner Politik gefährde Horak sogar den eigenen Lottomarkt.

Kein Thema für den Lotto-Mann Horak

Um ein Wettmonopol zum Schutz vor der Spielsucht juristisch zu rechtfertigen, müssten die Lotteriegesellschaften auf attraktive Werbung und den Vertriebsweg Internet verzichten, sagt der Fußball-Manager. Werde der Wettmarkt dagegen gelockert, dann könnten auch die staatlichen Lotteriegesellschaften wieder freier agieren und so höhere Umsätze und Gewinne erzielen.

Doch für Lotto-Mann Horak ist das kein Thema. Er hält an seinem harten Kurs fest und will, wie er in dem Brief an Vesper betont, "Missverständnisse oder Irritationen gar nicht erst aufkommen lassen". Na dann.

© SZ vom 20.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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