Japan:Jagd auf Wale

Lesezeit: 2 min

Tokio will aus der internationalen Kommission IWC aussteigen, um die Meeressäuger wieder fangen zu dürfen. Dabei haben die Japaner nie wirklich damit aufgehört, und das, obwohl es für das Fleisch gar keine Nachfrage gibt.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Japan will aus der Internationalen Walfangkommission (IWC) austreten, damit es wieder kommerziellen Walfang betreiben kann. Das meldete die Agentur Kyodo am Donnerstag unter Berufung auf Regierungsquellen. Offiziell muss Tokio seine Mitgliedschaft noch vor dem 1. Januar kündigen, um 2019 auszuscheiden. Japan war bei der IWC-Konferenz im September mit seinem Vorstoß abgeblitzt, die kommerzielle Jagd auf Wale, die seit 1987 verboten ist, wieder zuzulassen. Danach drohte Chefunterhändler Hideki Moronuki mit Japans Austritt. Allerdings wurde erwartet, Tokio werde sich nicht vor Olympia 2020 über die Beschlüsse einer internationalen Organisation hinwegsetzen - zumal es selber oft auf internationales Recht pocht.

Trotz Moratorium hat Japan freilich nie aufgehört, Wale zu jagen. Als Forschung verbrämt, erlegte seine Flotte im Süd- und Nordpazifik jährlich bis zu 1000 Minke-Wale, in den vergangenen Jahren allerdings weniger. Die Forschung sei nur ein Vorwand, urteilte der Internationale Gerichtshof in Den Haag vor vier Jahren. Er ordnete an, Japan müsse seinen Walfang im Südpazifik stoppen. Doch nach einem Jahr Pause lief die Fangflotte wieder aus.

Falls Tokio nur noch Küstenwalfang betriebe, würde der Streit um die Jagd im Südpazifik hinfällig.

Der Minke-Wal sei nicht vom Aussterben bedroht, argumentiert Moronuki. Walfang sei Teil der Kultur Japans, die es sich nicht verbieten lasse. Die IWC sei nicht zum Schutz der Wale gegründet worden, sondern um deren Bewirtschaftung zu regeln. Früher gab es in Japan nur Gelegenheits-Walfang. Wenn sich einer der Meeressäuger in ihre Bucht verirrte, wurde er erlegt. Zur traditionellen Küche gehörte Walfleisch nicht. Japan organisierte erst nach dem Zweiten Weltkrieg eine Fangflotte, auf Druck der US-Besatzer, da Japan unter Proteinmangel litt. Damals schon hatten große Walfangnationen erkannt, dass der industrielle Walfang zu Ende ging.

Ohne staatliche Zuschüsse wäre die Fangflotte schon längst Pleite

"Kommerziell" wird der japanische Walfang auch künftig nicht. Die Mehrheit der Japaner isst keinen Wal. Ältere Leute erinnern sich an ranziges Walfleisch, das sie in der Nachkriegszeit in Schulkantinen aßen. Außerdem gilt Walfleisch als mit Quecksilber verseucht. In den seltenen Restaurants für Wal-Gourmets - das Fleisch schmeckt ähnlich wie Hirsch - sitzen meist nur Männer. Für manche von ihnen ist der Konsum von Wal ein Akt des Trotzes gegen den Druck des Auslands.

Wirtschaftlich spielt der Walfang keine Rolle. Ohne jährliche Staatszuschüsse von 40 Millionen Euro wäre die Walfangflotte längst Pleite. Der Jahresertrag des "wissenschaftlichen" Fang - das Fleisch kam stets auf den Markt - betrug etwa 5000 Tonnen. Das ist mehr als die derzeitige Nachfrage. Falls Japan nur noch Küstenwalfang betreiben würde, könnte die Flotte auf den größten Teil der Staatszuschüsse verzichten. Allerdings dürfte auch dies Japans Ruf schädigen und damit seine Industrie-Exporte belasten.

© SZ vom 21.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: