Israel:Roter Teppich für Airbnb

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Touristen suchen in Tel Aviv billige Unterkünfte und buchen immer häufiger bei AirBnB. (Foto: Dan Balilty/AP)

In vielen europäischen Städten hat die Buchungsplattform Ärger mit Behörden, nicht so im Heiligen Land. Das Tourismus-Ministerium, Stadtverwaltungen und sogar die Hotelvereinigung begrüßen hier deren Aktivitäten.

Von Alexandra Föderl-Schmid

In Tel Aviv ist man stolz auf einen "Weltrekord". Die Hälfte der Touristen, die in die Stadt am Mittelmeer kommen, haben ihre Unterkunft über Airbnb gebucht. Zum Vergleich: In Berlin beträgt der Marktanteil von Airbnb gemessen an den Gästebetten 24 Prozent, in München 20 Prozent, in Köln 16 und in Hamburg 15 Prozent. Dies sind Zahlen aus dem Jahr 2015, die deutschen Kommunen haben in der Zwischenzeit Maßnahmen zur Eindämmung der Airbnb-Aktivitäten ergriffen.

In Tel Aviv ist dagegen die Zahl der Übernachtungen, die über die Buchungsplattform gebucht werden, explodiert. Von rund 3000 im Jahr 2013 auf nunmehr 26 000 in diesem Jahr. Allein in den vergangenen zwei Jahren gab es eine Verdoppelung der Übernachtungen via Airbnb.

Das Tourismusministerium sieht die Entwicklung uneingeschränkt positiv, wie die erbetene Stellungnahme zeigt, die so auch in einer Airbnb-Werbung stehen könnte: "Das Tourismusministerium ermutigt zur Diversifikation und dem Ausbau von Unterkünften, sodass jeder Tourist die Möglichkeit hat, in Israel die für ihn richtige Unterkunft zu finden. Durch die Erhöhung des Angebots wird auch der Wettbewerb gestärkt, und die Preise fallen. Umfragen besagen außerdem, dass Touristen in einem gemieteten Appartement länger bleiben als Gäste in Hotels. Die gesamten Ausgaben während des Aufenthalts sind damit höher und besser verteilt auf kleinere und mittlere Geschäfte."

Auch die israelische Hotelvereinigung erklärt: "Wir lehnen solche Kurzzeit-Vermietungen durch Airbnb nicht ab." Der Grund mag in der sehr hohen Auslastung der Hotels in Israel liegen, die mindestens 75 Prozent beträgt - und das bei Preisen, die deutlich über dem in Europa üblichen Niveau liegen. Israel steuert zudem auf einen historischen Höchststand zu mit 3,5 Millionen Besuchern, die bis Jahresende im Heiligen Land erwartet werden. Für das kommende Jahr mussten Hotels und Reiseveranstalter bereits Reisegruppen absagen, weil schlicht zu wenig Betten vorhanden sind. Rund um den Jahrestag der Staatsgründung Israels Mitte Mai gibt es auch auf Airbnb bereits Engpässe.

Zwei Drittel der angebotenen Unterkünfte stammen von professionellen Vermietern

Wie Recherchen der Tageszeitung Haaretz zeigen, wird auch in Tel Aviv längst nicht mehr das Zweitzimmer oder die Wohnzimmercouch über Airbnb angeboten - Sharing Economy, das war einmal. 82 Prozent der Angebote beziehen sich auf ganze Appartements. Außerdem sind viele Unterkünfte in der Hand weniger konzentriert: Zwei Drittel der etwa 8000 Unterkünfte in der Stadt werden von professionellen Vermietern angeboten. Zwei Drittel von ihnen vermieten mindestens zwei Immobilien. So ist Airbnb zum Geschäftsmodell geworden. Es gibt auch Makler, die auf die Verwaltung von Airbnb-Angeboten umgesattelt haben.

Diese Entwicklungen haben natürlich Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Auch wenn ein Großteil der Unterkünfte aus Studios oder Ein-Raum-Appartements besteht, so finden sich auf der Website auch größere Wohnungen. Es werden in Israel viele Geschichten erzählt von Mietern, denen gekündigt wurde, weil der Vermieter mehr Geld über Airbnb machen will. 4,5 Prozent der gesamten Wohnungen in Tel Aviv werden auf Airbnb angeboten und stehen für Langzeit-Miete nicht zur Verfügung. Wie eine in den USA durchgeführte Untersuchung zeigt, gibt es in Tel Aviv eine um das 3,1-Fache höhere "Airbnb-Quote" als in New York, gemessen am gesamten Wohnungsangebot der Stadt.

Eine weitere Studie zeigt, dass der Airbnb-Boom auch den Wohnungsmarkt und damit die Mietpreise beeinflusst. Der Effekt betrage monatlich 324 Schekel, umgerechnet 78 Euro, für ein Ein- oder Zwei-Zimmer-Appartement, wurde errechnet. Die Immobilienpreise in Israel sind vergleichsweise hoch, die OECD hat jüngst vor einer Überhitzung gewarnt.

Die Stadt Tel Aviv hat eine Studie in Auftrag gegeben, um "das Phänomen Airbnb und seine Auswirkungen" zu untersuchen. Nach Vorliegen der Ergebnisse werde entschieden, ob es Konsequenzen gebe. Grundsätzlich sei es aber an der Regierung, Regulierungen vorzunehmen. Das Tourismus-Ministerium teilt mit, dass man daran arbeite, die Aufsicht über Appartements für Touristen zu stärken - inklusive regulatorischer Aspekte.

Ähnlich vage die Auskunft der Steuerbehörde: Man bemühe sich, Schritte zu unternehmen, damit Steuern auf kurzfristige Vermietungen gezahlt werden.

In Europa ist die Situation anders. Viele Metropolen haben, nicht zuletzt auch wegen Proteste der Einwohner, strengere Regeln für Airbnb-Geschäfte beschlossen. In Deutschland hat die Bundesregierung extra das Baurecht verschärft, um Kommunen das Einschreiten zu erleichtern.

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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