Iran:Wirtschaft gegen Sanktionen

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Führende Verbände der deutschen Wirtschaft werfen den USA einen gefährlichen Alleingang vor. Mit der Wiedereinführung weiterer Boykottmaßnahmen wachse das Risiko der Destabilisierung im Nahen Osten.

Von Markus Balser, Berlin

Die deutsche Wirtschaft hat die am Montag in Kraft tretenden Sanktionen der USA gegen den Iran scharf kritisiert. Mit der einseitigen Wiedereinführung weiterer Sanktionen wachse das Risiko der Destabilisierung im Nahen Osten, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Dieter Kempf. Dass die USA die Weltwirtschaft für politische Ziele instrumentalisierten, belaste die internationalen Beziehungen und die transatlantische Partnerschaft. Die iranische Wirtschaft stehe bereits am Rande einer Rezession, warnte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, Eric Schweitzer. "Die Wirtschaft dürfte auf absehbare Zeit schrumpfen."

Die US-Sanktionen richten sich vor allem gegen die iranische Ölindustrie. Betroffen sind allerdings auch Unternehmen aus Drittstaaten, die mit dem Iran Geschäfte machen. Sie folgen dem Austritt der USA aus dem Atomabkommen, das die Vereinigten Staaten, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Russland und China sowie die EU mit dem Iran 2015 geschlossen hatten. Dem Abkommen zufolge muss der Iran seine Atomanlagen so umgestalten, dass er keine Atomwaffen bauen kann. Im Gegenzug wurden Sanktionen aufgehoben. Die USA kritisieren inzwischen, dass das Abkommen zu kurz greife. Teheran bleibe eine Gefahr für die Welt. Die USA setzen mit ihrem Alleingang auch Unternehmen aus Europa unter Druck. Denn halten diese an ihren Iran-Geschäften fest, drohen sie den Zugang zu US-Märkten zu verlieren. Damit müssen sich auch deutsche Unternehmen entscheiden. Als im August bereits erste Sanktionen in Kraft traten, hatte etwa der Autohersteller Daimler angekündigt, seine Geschäfte im Iran "bis auf Weiteres" komplett einzustellen. Daimler hatte 2016 nach dem Ende der Sanktionen angekündigt, im Iran Lkw verkaufen zu wollen. Dafür hatte das Unternehmen ein Abkommen über die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens mit einem iranischen Fahrzeughersteller geschlossen. Auch Siemens hat seine Geschäfte im Iran inzwischen eingestellt. Betroffen von Sanktionen ist auch der europäische Flugzeughersteller Airbus. Er hatte Aufträge in größerem Stil aus dem Iran bekommen. Allein für die deutsche Industrie geht es in dem Streit um Milliarden.

Die Geschäfte der deutschen Industrie mit dem Iran waren zuletzt stark gewachsen. Das deutsch-iranische Handelsvolumen war im vergangenen Jahr um 17 Prozent auf 3,4 Milliarden Euro gestiegen. Seit Anfang des Jahres sinkt es wegen der härteren Gangart der USA wieder. Die EUAußenbeauftragte Federica Mogherini und die Außen- und Finanzminister der drei europäischen Unterzeichnerstaaten des Atomabkommens erklärten, dass europäische Unternehmen mit legitimen Handelsinteressen im Iran geschützt werden sollten.

© SZ vom 05.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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