Internet:Ende mit Panne

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Ein Flop mit möglichem Nachspiel: Googles soziales Netzwerk kam gegen Facebook nicht an. Nun wurde auch noch eine Datenpanne bekannt. (Foto: Beck Diefenbach/Reuters)

Weil herauskommt, dass es eine große Datenlücke gab, schließt Google sein soziales Netzwerk Google Plus für Privatnutzer. Das sollte Kon­kur­renz für Facebook werden.

Von Helmut Martin-Jung, München

Google Plus, so hat es ein Twitter-Nutzer sehr treffend zusammengefasst, "war das Fitnessstudio unter den sozialen Netzwerken. Alle sind angemeldet, aber keiner geht hin." Damit könnte es sein Bewenden haben, das Projekt würde sich einreihen unter die vielen Vorhaben des sonst so erfolgsverwöhnten Konzerns, die nicht funktioniert haben. Doch diesmal wird es ein Nachspiel geben, schon im März dieses Jahres gab es bei dem sozialen Netzwerk eine Datenpanne. Das könnte für Google besonders in Europa zum Problem werden. Denn der Konzern entschied sich dafür, die Öffentlichkeit zunächst nicht über das Leck zu informieren.

Durch die Software-Panne hatten App-Entwickler Zugriff auf den Namen, die E-Mail-Adresse sowie Informationen über Beschäftigung, Geschlecht und Alter von Nutzern, wie Google am Montag zugab. Andere Daten seien nicht betroffen. Das Unternehmen kann zudem den Kreis der betroffenen Nutzer nicht genau eingrenzen. Der Fehler, teilte Google mit, sei im März 2018 entdeckt und umgehend behoben worden, hieß es. Hinweise darauf, dass die Daten missbraucht wurden, hat Google nach eigener Auskunft nicht, kann das aber auch nicht völlig auszuschließen.

Der Konzern hatte sich im März dagegen entschieden, die Öffentlichkeit gleich über die Entdeckung zu informieren. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar leitete deswegen nun Ermittlungen ein. "Offenbar hat Google den Vorfall bewusst verschwiegen, damit Gras über die Sache wächst", sagte Caspar der Deutschen Presse-Agentur. "Zentrale Frage wird sein, wann die Lücke durch Google geschlossen wurde." Denn die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die strikt und unter Androhung drakonischer Strafen vorschreibt, Betroffene zu informieren, greift erst seit Ende Mai. Wenn Google allerdings die Lücke tatsächlich noch im März schloss, gilt dafür noch das alte Recht. Google-Chef Sundar Pichai wusste offenbar über die Datenpanne Bescheid, wie das Wall Street Journal berichtet. In einem internen Memo sei auf den Fall Facebook und Cambridge Anaytica hingewiesen worden. Cambridge Analytica soll Daten von 87 Millionen Facebook-Nutzern missbraucht haben. Die Nachricht hatte zu Verlusten bei der Facebook-Aktie und zu intensiven Nachforschungen in den USA und Europa geführt.

Google Plus war im Juni 2011 an den Start gegangen, Ziel war es, dem erfolgreichen Konkurrenten Facebook etwas entgegenzusetzen. Doch Google ging es nicht anders als vielen zu spät Gekommenen. Google Plus war ein gewaltiger Flop. Zuerst erhielt man nur auf Einladung Zugang, später verknüpfte der Konzern sogar seinen erfolgreichen E-Mail-Dienst Gmail mit Google Plus. Mit einem Schlag hatte das soziale Netzwerk damit zwar zwei Milliarden angemeldete Nutzer. Die meisten davon guckten allerdings höchsten einmal kurz hinein und verwendeten es dann nicht mehr.

Das Netzwerk wird nicht gleich abgeschaltet, die Abwicklung von Google Plus werde sich über die kommenden zehn Monate hinziehen, teilt Google mit. Die Nutzer würden in dieser Zeit mit Informationen darüber versorgt, ob und wie sie mit ihren Daten zu anderen Diensten umziehen könnten. Eine Version für kommerzielle Kunden soll bestehen bleiben.

© SZ vom 10.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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